Abstimmung im Bundestag:Die Union in der Rentenfalle

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Die Achillesferse der Union ist momentan die Rentenreform. Das weiß sich die SPD zunutze zu machen - und wirbt in ihrem Vorhaben, im Bundestag über die Rente mit 67 abstimmen zu lassen, auch kräftig um Stimmen aus den Reihen der Christsozialen.

In der Diskussion um die Rente mit 67 hat sich die Union in eine schwierige Lage manövriert. Sowohl der Arbeitnehmer- als auch der Wirtschaftsflügel der CDU kritisierten am Donnerstag die Drohung des CSU-Chefs Horst Seehofer, den Konsens bei der Rente mit 67 aufzukündigen, falls die Wirtschaft nicht mehr ältere Arbeitnehmer beschäftige.

Der Ruhestand als Zankapfel: Das Vorhaben der Union, das Renteneintrittsalter auf 67 Jahre zu erhöhen, stößt in der Partei auf Uneinigkeit. (Foto: dpa)

Indes will die SPD im Bundestag über das Rentenvorhaben abstimmen lassen und wirbt dabei nach dem Vorstoß von Horst Seehofer nun auch um die Zustimmung der Christsozialen. "Die SPD wird ihre Vorschläge ins Plenum des Bundestages einbringen und zur Abstimmung stellen. Die CSU hat dann die Gelegenheit, entsprechend den Vorstellungen von Herrn Seehofer abzustimmen", sagte Joachim Poß, Interims-Vorsitzender der SPD-Fraktion der Passauer Neuen Presse. Seehofers Äußerungen zur Rente mit 67 und den Beschäftigungschancen Älterer seien mit die beste Initiative des bayerischen Ministerpräsidenten seit langem.

Seehofer hatte gesagt, wenn die Firmen nicht begännen, ältere Arbeitnehmer zu beschäftigen, werde er die Verlängerung der Lebensarbeitszeit infrage stellen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) fordert in der Debatte um die Rente mit 67 Ehrlichkeit von der Bundesregierung. "Wir nehmen die Äußerungen von Herrn Seehofer zum Anlass, die Bundesregierung zu ermahnen, einen ehrlichen Bericht zur Beschäftigung Älterer vorzulegen und daraus die Konsequenzen zu ziehen", sagte DGB-Chef Michael Sommer dem Blatt. Die Rente mit 67 müsse mindestens ausgesetzt werden.

Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt zeigte sich "sehr verwundert" über Seehofers Äußerungen. "Die Wirtschaft unternimmt größte Anstrengungen, die Beschäftigung Älterer zu steigern", sagte er dem Hamburger Abendblatt. Die Bundesregierung habe vor wenigen Wochen darauf hingewiesen, dass die Beschäftigung älterer Menschen drastisch gestiegen sei. "92 Prozent der Älteren, die arbeiten wollen, haben einen Arbeitsplatz. Die Arbeitslosenquote der 50- bis 64-Jährigen liegt bei 7,9 Prozent. Vor einem Jahr waren es noch 8,2 Prozent." Die Zahl der über 55-Jährigen mit einem sozialversicherungspflichtigen Job sei allein innerhalb eines Jahres mehr als dreimal so stark gestiegen wie die Beschäftigung insgesamt.

Bei Unions-Gewerkschaftern stieß Seehofer auf breite Zustimmung. Der Vorsitzende der Christlichen Gewerkschaftsbundes (CGB) Peter Rudolph erklärte: "Der CSU-Chef hat ein Signal gesetzt, auf das viele Bürger gewartet haben. Wir erwarten, dass dieses Signal bei CDU und FDP die gebührende Beachtung findet." Der Bundesvorsitzende der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Karl-Josef Laumann, kritisierte hingegen die Position des CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer zur Rente mit 67. "Die Rente mit 67 steht nicht zur Disposition", sagte Laumann dem Kölner Stadt-Anzeiger. Die Lebensarbeitszeit werde jedes Jahr nur um einen Monat erhöht. "Das ist also auf eine ganz lange Strecke gelegt", sagte er.

Laumann forderte die Wirtschaft auf, nach Lösungen für ältere Arbeitnehmer suchen. "Wenn man jetzt als Staat zurückweicht, wird sich da wieder gar nichts tun", prophezeite er. Zugleich gab Laumann Seehofer in der Zuwanderungsdebatte recht. "Ich bin wie er nicht der Meinung, dass wir wegen des Arbeitsmarktes Zuwanderung brauchen", sagte er. Die älteren Arbeitnehmer müssten auf dem Arbeitsmarkt wieder einen höheren Wert bekommen. "Wenn jemand sagt: Ich muss die Älteren nicht nehmen, ich nehme lieber jüngere Ausländer - das geht nicht", sagte Laumann.

Heftige Kritik an Seehofer kam vom Vorsitzenden der Unions-Mittelstandsvereinigung, Josef Schlarmann (CDU). In der Koalition bestehe parteiübergreifend Konsens bei der Rente mit 67, sagte Schlarmann dem Berliner Tagesspiegel."Wenn Herr Seehofer dies infrage stellt, stört er nicht nur den Koalitionsfrieden, sondern bestätigt auch diejenigen, die die Regierung für handlungsunfähig halten", sagte er.

CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich versicherte, die CSU stehe weiter hinter der Rente mit 67 Jahren. "Sie ist richtig, und wir stellen sie nicht in Frage", sagte Friedrich der Passauer Neuen Presse. Für ein Aufschieben der Rente mit 67, wie von der SPD gefordert, sehe er keinen Anlass. Allerdings sei eine bessere Beschäftigung Älterer zentraler Bestandteil des Rentenbeschlusses.

Der Rentenexperte Bert Rürup bezeichnete die Veto-Drohung des CSU-Vorsitzenden hingegen als "populistisch". Rürup sagte dem in Neubrandenburg erscheinenden Nordkurier : "Wenn eine Oppositionspartei versucht, sich von dieser Maßnahme zu distanzieren, ist das irgendwie nachvollziehbar. Wenn allerdings der CSU-Parteichef, der auch bundespolitische Verantwortung trägt, dies tut, ist dies eigentlich unverantwortlich."

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