Abstimmung Großbritannien:Britisches Unterhaus stimmt für Neuwahlen

Lesezeit: 2 min

  • Das britische Unterhaus stimmt dem Wunsch der Premierministerin zu, am 8. Juni Neuwahlen abzuhalten.
  • Von einer Neuwahl erhofft sich May, die eigene Position in den kommenden Brexit-Verhandlungen zu stärken.
  • Die Labour-Opposition unterstützt die Wahlen. Auch sie will so die Zahl ihrer Mandate ausbauen.

Das britische Unterhaus hat sich am Mittwoch mit einer Mehrheit für Neuwahlen am 8. Juni ausgesprochen. 522 der insgesamt 650 Abgeordneten stimmten für den von Premierministerin Theresa May vorgeschlagenen Schritt, 13 Abgeordnete stimmten dagegen.

Erst einen Tag zuvor, am Dienstag, hatte May angekündigt, die Wahlen abhalten zu wollen. Die Nachricht kam für viele Briten überraschend; seit ihrem Amtsantritt hatte sich May mehrfach gegen Neuwahlen ausgesprochen. Zuletzt musste sich die konservative Politikerin aber immer häufiger vorwerfen lassen, ohne Mandat zu regieren. Ihre Gegner argumentieren, sie sei nur aufgrund des Rücktritts ihres Vorgängers David Cameron ins Amt gekommen, und nicht durch eine Wahl.

May will die eigene Position vor den Brexit-Verhandlungen stärken

Mit den sehr kurzfristig anberaumten Wahlen zog May allerdings erneut Kritik auf sich. In britischen Medien und von gegnerischen Politikern wurde ihr vorgeworfen, diesen Schritt nur zum eigenen Nutzen und nicht zu dem des Landes zu unternehmen. Turnusmäßig wäre in Großbritannien erst wieder im Jahr 2020 gewählt worden.

Am Mittwoch verteidigte May ihre Entscheidung in der britischen BBC: Die Regierung wolle auf diese Weise für den Brexit-Prozess sicherstellen, "dass wir unsere Position für die Verhandlungen mit der Europäischen Union stärken". Ein zu erwartender deutlicher Sieg ihrer konservativen Partei sei aber kein Blankoscheck, um die Verhandlungen allein nach dem eigenen Willen zu gestalten, das Parlament werde weiterhin mitreden. Im Unterhaus sagte May später, eine Neuwahl gebe dem Land "Gewissheit und Stabilität", während es über seinen EU-Austritt verhandele.

Schon vor der Abstimmung galt als relativ sicher, dass die notwendige Zweiddrittelmehrheit zustandekommen würde. Mays Konservative Partei verfügt im House of Commons über 330 von 650 Abgeordnetensitzen. Und auch Oppositionschef Jeremy Corbyn von der Labour-Partei hatte die Ansetzung der Wahl im Vorfeld der Abstimmung begrüßt. Seine Partei erhofft sich, dadurch mehr Mandate zu gewinnen. Allerdings liegen Mays Konservative in jüngsten Umfragen deutlich vorne. Einer Umfrage von Sky Data zufolge beurteilen 68 Prozent der Briten die angestrebte Neuwahl positiv. Nur etwa ein Viertel hält sie für falsch.

Mit der Zustimmung der Abgeordneten steht nun auch der weitere Zeitplan für die Brexit-Verhandlungen. Am 2. Mai wird das Parlament aufgelöst. Danach bleiben noch etwas mehr als fünf Wochen für den Wahlkampf. May hat bereits angekündigt, sich keinen Fernsehdebatten mit anderen Kandidaten stellen zu wollen. Der Wahlkampf sei dafür da, um mit Wählern zu sprechen, sagte sie. Erst nach den Wahlen am 8. Juni sollen dann die Austrittsverhandlungen mit der EU beginnen. Darauf habe man sich bereits mit der britischen Regierung verständigt, teilte am Mittwoch ein Sprecher von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker mit.

May hat einen harten Kurs für die Verhandlungen mit Brüssel angekündigt. Das Land soll sowohl den Europäischen Binnenmarkt als auch die Zollunion verlassen. Mit der Zustimmung des Unterhauses ist sie diesem Ziel einen Schritt näher gekommen.

© SZ:de/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Großbritannien
:May begeht mit der Neuwahl eine unglaubliche Frechheit

Die britische Premierministerin ordnet ihrem eigenen Wohl sogar den Wahlkalender unter und riskiert damit die Einheit des Landes. Es zeugt vom niederschmetternden Zustand der britischen Parteien, dass sie mit ihrer Taktik durchkommt.

Kommentar von Stefan Kornelius

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: