Die Abhöraffäre wird zum internationalen Schlagabtausch: US-Geheimdienstchef James Clapper hat Spähangriffe auf ausländische Spitzenpolitiker verteidigt und beschuldigt andere Länder, ähnlich zu verfahren. "Die Absichten politischer Führungen, wie auch immer sie ausgedrückt werden, sind das Grundsätzliche, was wir sammeln und analysieren müssen", sagte der Koordinator der 16 amerikanischen Geheimdienste in einer Kongressanhörung in Washington. Zugleich zeigten er und NSA-Chef Keith Alexander sich in der Befragung überzeugt, dass Europa seinerseits die USA und deren Politiker ausspioniere. Auch würden die Europäer massiv Daten eigener Bürger sammeln.
Die Washington Post zitierte ungenannte US-Beamte, denen zufolge der deutsche Auslandsnachrichtendienst im Jahre 2008 die Kommunikation von mindestens 300 US-Bürgern oder in den USA lebenden Menschen ins Visier genommen habe.
Der deutsche Auslandsnachrichtendienst reagierte prompt: "Aus der deutschen Botschaft in Washington wird keine Fernmeldeaufklärung durchgeführt", sagte der Präsident des Bundesnachrichtendienstes, Gerhard Schindler, der Wochenzeitung Die Zeit.
Auch NSA-Chef Alexander verteidigte die Arbeit der US-Geheimdienste. Man arbeite unter strenger Aufsicht und konzentriere sich darauf, Angriffe auf Amerikaner und Verbündete zu verhindern, sagte der General. "Es ist viel wichtiger für dieses Land, dass wir diese Nation verteidigen und dafür Kritik einstecken, als dass wir ein Programm aufgeben, was dazu führen würde, dass diese Nation angegriffen würde."
Die angebliche flächendeckende Ausspähung von elektronischer Kommunikation, die in den vergangenen Tagen in Frankreich und Spanien Schlagzeilen gemacht hat, geht nach Angaben von US-Regierungsmitarbeitern zudem nicht auf das Konto der amerikanischen National Security Agency (NSA). Wie das Wall Street Journal unter Berufung auf Quellen in Washington berichtet, haben die jeweiligen Geheimdienste der beiden Länder die Datensätze im Zuge der Zusammenarbeit in der Terrorismusbekämpfung an die NSA weitergegeben. Sie stammen demnach auch nicht aus der Überwachung französischer oder spanischer Bürger, sondern wurden von den Geheimdiensten der beiden Länder bei der Überwachung von Krisengebieten außerhalb ihrer Grenzen gewonnen.
Spanien hatte erst am Montag den US-Botschafter einbestellt, nachdem El País und El Mundo berichtet hatten, dass die NSA zwischen Anfang Dezember 2012 und Anfang Januar 2013 die Daten von mehr als 60 Millionen Telefongesprächen in Spanien gesammelt habe. In Frankreich hatte Le Monde in der Vorwoche berichtet, die NSA habe im selben Zeitraum mehr als 70 Millionen Datensätze über "Telefonate französischer Bürger ausgespäht".
Die Publikationen hatten sich auf Dokumente des US-Whistleblowers und früheren NSA-Mitarbeiters Edward Snowden gestützt.