Abgasaffäre:VW muss US-Kunden Milliarden zahlen

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Rückkauf, Reparatur, Entschädigung - VW erzielt eine Vereinbarung mit den amerikanischen Behörden.

Von T. Fromm und C. Hulverscheidt, München/New York

Im Skandal um gefälschte Diesel-Abgastests hat sich der VW-Konzern mit den US-Behörden und den Klägeranwälten auf Eckpunkte für eine Entschädigung der mehr als 570 000 amerikanischen Kunden verständigt. Wie der zuständige Bundesrichter Charles Breyer in San Francisco bekannt gab, wird das Unternehmen den VW-Fahrern anbieten, die Autos wahlweise zurückzukaufen oder zu reparieren. Besitzer von Leasing-Pkw können den Vertrag mit Volkswagen auflösen. Darüber hinaus sollen alle Kunden eine "substantielle finanzielle Abfindung" erhalten. Die genaue Höhe blieb allerdings zunächst offen. Im Vorfeld war von bis zu 5000 Dollar (4400 Euro) die Rede gewesen. Die Einigung ist für VW nach siebenmonatiger Auseinandersetzung mit den US-Behörden ein erster wichtiger Befreiungsschlag. Vor allem ist zunächst die Gefahr gebannt, dass es schon in wenigen Wochen zu einem Zivilprozess mit unabsehbaren finanziellen Risiken kommt. Damit haben VW und die beteiligten Regierungsstellen nun Zeit, die Details eines Vergleichs auszuhandeln. Breyer lobte Kläger und Beklagte, forderte alle Seiten jedoch zugleich auf, ihre Verhandlungen umgehend fortzusetzen. Auch das US-Justizministerium begrüßte die Einigung. Die Ermittlungen gegen Volkswagen würden aber fortgesetzt.

Der Kompromiss gilt bisher nur für 480 000 Autos mit Zwei-Liter-Motor. Eine Lösung für Wagen mit drei Litern Hubraum, darunter auch Modelle der Konzernmarken Audi und Porsche, muss VW nachliefern. Je nachdem wie viele Kunden ihr Auto zurückgeben, könnte Volkswagen die Einigung bis zu 9,5 Milliarden Dollar kosten. Darüber hinaus sieht der Kompromiss die Einrichtung eines Fonds für Wiedergutmachungszahlungen sowie eines weiteren Topfes zur Förderung umweltfreundlicher Automobiltechnologien in den USA vor.

Die Vereinbarung erhöht zugleich den Druck auf den Konzern, die 8,5 Millionen Kunden in Europa genauso umfassend abzufinden wie jene in den Vereinigten Staaten. "Wir gehen davon aus, dass europäische Kunden gleichberechtigt entschädigt werden müssen", sagte Christopher Rother, der deutsche Vertreter der US-Großkanzlei Hausfeld, der Süddeutschen Zeitung. "Europäische Kunden sollten keine Kunden zweiter Klasse sein." Die Kanzlei, die bisher Besitzer von mehr als 10 000 VW-Pkw in Europa vertritt, will am Sonntag eine Online-Seite freischalten, über die weitere Kunden, aber auch Flottenbetreiber und Aktionäre, ihre Schadenersatzansprüche anmelden können. Ein Volkswagen-Sprecher sagte dagegen, der Kompromiss mit den amerikanischen Behörden werde "in Verfahren außerhalb der USA keine rechtlichen Wirkungen entfalten". Dennoch forderten auch Verbraucherschützer den Konzern auf, seinen deutschen Kunden einen Rückkauf der betroffenen Autos anzubieten. Dies wäre "ein gutes Angebot und eine kulante Lösung, die dem VW-Image guttun würde", sagte der Chef des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv), Klaus Müller, dem Berliner Tagesspiegel. Alternativ sei eine Entschädigung in Höhe von 1000 Euro pro Wagen angemessen.

© SZ vom 22.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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