50 Jahre Kuba-Krise:"Wir fühlten uns wie am Rand einer Klippe"

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Am 24. Oktober 1962 riegeln die USA Kuba ab - die Blockadelinie verläuft 500 Meilen rund um die Insel. Der Tag beginnt verhältnismäßig friedlich. Doch beim Treffen von US-Präsident Kennedy und seinen Beratern ist die Atmosphäre angespannt. Wie werden die Sowjets reagieren?

Hubert Wetzel

Kuba-Krise 1962
:Als die Welt fast unterging

Castro gegen Kennedy gegen Chrustschow: Im Oktober 1962 stand die Welt so dicht vor einem Atomkrieg wie nie zuvor. Weil die Sowjetunion auf Kuba Raketen stationierte, erwogen die USA eine Invasion, die fatale Folgen gehabt hätte. Am Ende siegte die Diplomatie. Die Kuba-Krise in Bildern.

Am Morgen des 24. Oktober 1962, um 10 Uhr Washingtoner Zeit, trat die von Präsident John F. Kennedy verhängte Blockade gegen Kuba in Kraft. Auf Anraten der britischen Regierung war die Blockadelinie von 800 auf 500 Meilen rund um Kuba zurückgenommen worden, um den Sowjets mehr Zeit zu geben, ihre Schiffe mit Kurs auf die Insel zu stoppen.

Der Tag begann verhältnismäßig friedlich. Die CIA meldete dem Weißen Haus, dass der Bau der sowjetischen Raketenstellungen auf Kuba zwar rasch voranschreite, Moskau aber ansonsten nirgendwo auf der Welt Anstalten machte, gegen die USA oder ihre Verbündeten vorzugehen. Zudem wurde gemeldet, dass von 19 sowjetischen Schiffen, die auf Kuba zuhielten und die Waffenmaterial transportieren konnten, 16 ihren Kurs geändert hätten.

Trotzdem herrschte eine höchst angespannte Atmosphäre, als sich Kennedy und seine Berater an diesem Morgen gegen 9.30 Uhr trafen. "Die Gefahr und die Sorge hingen wie eine Wolke über uns", schrieb später Robert Kennedy, damals Justizminister und engster Vertrauter seines Bruders.

Um kurz nach 10 Uhr verkündete Verteidigungsminister Robert McNamara, dass zwei sowjetische Frachter weiter Kurs auf Kuba hielten und sich der Blockadelinie näherten. Nur wenige Minuten später meldete die Marine, dass sowjetische U-Boote zwischen den beiden Frachtern in Stellung gegangen seien.

McNamara begann daraufhin zu beschreiben, wie die US-Schiffe die sowjetischen Boote durch Beschuss mit Wasserbomben zum Auftauchen zwingen könnten. "Wir fühlten uns wie am Rand einer Klippe, ohne einen Weg hinunter", schrieb Robert Kennedy über diese Minuten im Weißen Haus.

Präsident Kennedy gefiel die Aussicht auf einen militärischen Zwischenfall auf hoher See, der leicht zum großen Krieg eskalieren konnte, offenbar gar nicht. "Er hob seine Hand an sein Gesicht und bedeckte seinen Mund, und dann macht er eine Faust", beschrieb Bobby Kennedy die Szene. Was der US-Präsident damals dachte, ist nicht überliefert.

Klar ist hingegen, dass er wieder einmal die Ratschläge seiner militärischen Berater ignorierte. "Ich denke, wir sollten damit heute noch warten", instruierte er McNamara. "Ich will nicht, dass das Erste, was wir angreifen, ein sowjetisches U-Boot ist."

Um 10.25 brach CIA-Direktor John McCone die Spannung. Ein vorläufiger Bericht des Nachrichtendienstes der Marine "scheint darauf hinzuweisen, dass einige der russischen Schiffe gestoppt haben", meldete er der Runde. Sieben Minuten später bestätigte McCone den Bericht. Die Frachter hatten abgedreht, die sowjetische Führung hatte nachgegeben, eine militärische Auseinandersetzung an der Blockadelinie vor der Küste Kubas war vorerst vermieden worden.

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In diesem Moment wisperte Außenminister Dean Rusk dem Sicherheitsberater von Kennedy, McGeorge Bundy, einen der wohl berühmtesten Sätze der Geschichte der Diplomatie ins Ohr: "Wir stehen uns Auge in Auge gegenüber, und ich glaube, der andere Bursche hat gerade geblinzelt."

Der bisher gefährlichste Moment der Krise war damit knapp gemeistert worden. Die sowjetischen Raketen waren freilich immer noch auf Kuba. Am Nachmittag schickte das Außenministerium in Washington ein Telegramm an die amerikanischen Botschafter bei der Nato und in der Türkei. Beide Diplomaten wurden darüber informiert, dass Washington Moskau anbieten könnte, für den Abzug seiner Raketen auf Kuba die US-Mittelstreckengeschosse vom Typ Jupiter in der Türkei abzubauen.

© SZ vom 24.10.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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