Freispruch für Italiens Ex-Premier:Berlusconis trügerischer Triumph

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Silvio Berlusconi in Rom nach seinem Freispruch im Ruby-Prozess. (Foto: AFP)

Vollmundig verkündet Italiens früherer Regierungschef nach dem Freispruch im Ruby-Prozess sein Polit-Comeback. Doch Berlusconis Chancen stehen schlecht - er ist ein verbrauchter Leader.

Kommentar von Oliver Meiler

Eine Wiedergeburt - noch eine. Silvio Berlusconi feiert seinen definitiven Freispruch im international beachteten und oft auch mitleidig belächelten Fall "Ruby", als käme er einer Rehabilitierung gleich, einer Revanche. Ein Albtraum sei das gewesen, sagte er den Seinen. Wie ein Felsbrocken habe das Verfahren auf seinem Herzen gelastet.

Und jenen, die noch Zweifel gehabt haben könnten an seiner Entschlossenheit, richtete er aus: "Haltet euch bereit, ich bin zurück." Gemeint war: politisch auferstanden. Das ist zwar eine kühne Deutung der Situation, vielleicht sogar eine Illusion. Den zwischenzeitlichen Triumph aber, den nimmt ihm keiner.

Die Frage ist, ob er ihm auch nützt. Sein privates juristisches Schicksal diente Berlusconi ja immer als politischer Plot: Schaut her, sagte er den Italienern gern, diese roten Richter aus Mailand wollen mich strafrechtlich zur Strecke bringen, sie verfolgen mich politisch. Wahr war daran nichts.

Doch die Verschwörungstheorie wirkte bei seinen Wählern. Mit dem Geschwätz übertönte er schon mal seine Unfähigkeit beim Regieren und Reformieren. Nun verliert er seine Rolle als Justizopfer.

Der Freispruch verheißt keine politische Wiedergeburt

Die politische Fortüne litt schon davor. Berlusconi ist ein verbrauchter Leader, einer ohne neue Vision und mit bescheidener Bilanz, erstarrt im eigenen, wächsernen Narrativ. Wie manch anderem Machtmenschen widerstrebte es Berlusconi, seine Nachfolge bei Zeiten zu organisieren. Man hält sich in diesen Kreisen für unsterblich und unersetzbar.

So wuchsen keine frischen Energien, nur ungeduldige Erben. Seine Partei Forza Italia, die früher fast ein Drittel der Italiener erreichte, ist in den vergangenen Jahren dramatisch geschrumpft und hat sich innerlich in viele Lager gespalten. In den jüngsten Umfragen über die Wahlabsichten steht Berlusconis Formation nur noch an vierter Stelle.

Forza Italia liegt weit hinter dem linksliberalen Partito Democratico von Premier Matteo Renzi, der einen schönen Teil jener Reformen umsetzt, die Berlusconi in den vergangenen zwanzig Jahren oft verheißen hatte und doch nie realisieren mochte.

Da der 40-jährige Renzi viel jugendlichen Elan ausstrahlt, wirkt der 78- jährige Berlusconi gleich noch ein Stück überholter. In der Wählergunst liegen mittlerweile auch die Protestpartei Movimento 5 Stelle des Komikers Beppe Grillo und die Lega Nord des Rechtspopulisten Matteo Salvini vor Forza Italia.

Salvini fordert Berlusconi direkt heraus. Er will ihm die Führerschaft im rechten Lager mit einem Diskurs entreißen, wie ihn auch Marine Le Pen vom Front National pflegt: gegen die Europäische Union und den Euro, gegen Immigration und den Islam.

In dieser kruden Pauschalität finden das Programm viele Bürgerliche, Liberale und Christdemokraten zu radikal. Doch statt auf Berlusconi zu bauen, ihren einstigen Hoffnungsträger, wenden sie sich nun lieber Renzi zu. Als linker Christdemokrat erscheint Renzi vielen als wählbar.

Es läuft also gerade alles gegen Silvio Berlusconi, den vermeintlich Auferstehenden. Allem Triumphieren zum Trotz.

© SZ vom 12.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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