Brexit:Davids Drama

Der britische Premier muss die EU herausfordern - aber nicht zu arg.

Von Daniel Brössler

Ein britischer Europaabgeordneter brachte die Lage von David Cameron kürzlich unfreundlich, aber nicht gänzlich unzutreffend auf den Punkt. In seinen Verhandlungen mit den anderen EU-Ländern habe der Premierminister eigentlich nur die Wahl zwischen zwei Sorten von Forderungen: banalen und unmöglichen. Tatsächlich besteht für Cameron die große Schwierigkeit in seiner Schlacht um einen "neuen Deal" für Britannien darin, nicht mehr zu verlangen, als die anderen EU-Regierungen ihm äußerstenfalls zugestehen können - aber nicht weniger, als nötig ist, um zu Hause als Sieger dazustehen. Genau in diesem Spannungsfeld hat sich Cameron beim Gipfel in Brüssel bewegt.

So gesehen hat der britische Premierminister einen Erfolg erzielt. Einerseits haben sich die anderen Staats- und Regierungschefs bereit erklärt, über alle seine Forderungen zu diskutieren. Andererseits haben sie dies nicht ohne Murren und Klagen getan. Es entfaltet sich also genau jenes Drama, das Cameron benötigt, um die britische Brexit-Debatte zu bestehen. Dazu gehört auch, dass es bald spektakuläre Rückschläge und womöglich auch ein drohendes Scheitern der Verhandlungen geben wird. Ein Erfolg allein reicht nicht, er muss auch noch schwer errungen sein.

Das alles folgt den sehr speziellen Erfordernissen der britischen Innenpolitik - und genau darin liegt das Problem. Wenn Cameron zu sehr siegen will, wird die Europäische Union verlieren.

© SZ vom 19.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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