Wintereinbruch:Wie der Schnee Deutschland stoppt

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Bis zu 40 Zentimeter Neuschnee behindern den Verkehr in Deutschland - ob auf der Straße, der Bahnstrecke oder an Flughäfen. Hunderte Reisende mussten am Frankfurter Bahnhof übernachten, insbesondere in Berlin fallen viele Flüge aus.

Große Massen Neuschnee behindern den Straßen-, Bahn- und Flugverkehr in Deutschland.

Alarmstufe violett
:Deutschland ist zugeschneit

Winde und Stürme haben fast das ganze Land mit Schnee bedeckt. Straßen waren vielerorts unpassierbar, Autos und Lastwagen blieben stecken, auf den Schienen kamen Züge nicht voran. Mehrere Menschen starben bei Unfällen.

Heftige Schneefälle haben vor allem im Süden und Osten Deutschlands für ein Verkehrschaos gesorgt. Im thüringischen Gera und im oberfränkischen Hof lagen an diesem Donnerstag laut Deutschem Wetterdienst (DWD) bis zu 38 Zentimeter Schnee. Selbst im norddeutschen Schleswig waren es 19 Zentimeter.

Auf zahlreichen Autobahnen vor allem in Bayern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen gab es seit Mittwochnachmittag unzählige Unfälle, bei denen mindestens drei Menschen starben.

Mehr als zwölf Stunden dauerte etwa ein Stau auf der A4 in Osthessen, der durch liegengebliebene Lastwagen ausgelöst worden war. An die wartenden Fahrer wurden Tee und Decken verteilt. Einzelne Autobahnabschnitte, etwa in Oberfranken und die A72 von Zwickau Richtung Bayern, mussten zwischenzeitlich komplett gesperrt werden.

Auch auf der A9 in Thüringen brachten Fahrzeuge, die mit Sommerreifen unterwegs waren, den Verkehr teilweise zum Erliegen, wie die Polizeidirektion Jena mitteilte.

Erst am Donnerstagvormittag entspannte sich die Lage etwas.

Die bis in die späte Nacht andauernden Schneefälle haben auch in Bayern zu starken Verkehrsbehinderungen geführt. In Oberfranken registrierte die Polizei seit Mittwochnachmittag mehr als 69 Unfälle, die meist glimpflich ausgingen. Zahlreiche Autofahrer blieben zudem in Schneewehen stecken.

Wie die Polizei mitteilte, ging in der Oberpfalz vor allem auf den Autobahnen in und um Regensburg über mehrere Stunden nichts mehr.

Räum- und Streudienste waren pausenlos im Einsatz, konnten aber ein Festfahren im Schnee vielerorts nicht verhindern. Stark betroffen war die A 3 Passau - Nürnberg, wo am "Regensburger Uniberg" reihenweise Lkw stecken blieben. Auch auf der A 93 Regensburg - Weiden kurz hinter Regensburg sowie zwischen Windischeschenbach und Falkenberg kam der Verkehr über mehrere Stunden zum Erliegen.

Auch die Bundesstraßen blieben nicht verschont. Auf der B 85 im Bereich Pittersberg (Landkreis Amberg-Sulzbach) befreiten Einsatzkräfte des Technischen Hilfswerks (THW) mindestens 20 Fahrzeuge, die sich festgefahren hatten.

Der Bahnverkehr war vor allem in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Nordbayern erheblich beeinträchtigt. Wie die Deutsche Bahn mitteilte, kam es durch Verwehungen und Weichenstörungen zu zahlreichen Störungen. Der Verkehr aus Leipzig in Richtung Nürnberg sowie aus Gerstungen an der hessisch-thüringischen Landesgrenze in Richtung Leipzig musste bereits in den Abendstunden zeitweise eingestellt werden. In Nordbayern war insbesondere der Großraum Lichtenfels sowie Bamberg betroffen. Zahlreiche Züge waren bereits am Mittwochabend unter anderem in Eisenach, Gotha, Erfurt, Leipzig und Dresden stehen geblieben.

Hunderte von Bahnreisenden haben wegen der starken Schneefälle die Nacht zum Donnerstag auf dem Frankfurter Hauptbahnhof verbracht. Sie wollten nach Angaben eines Bahn-Sprechers nach Ostdeutschland reisen, ihre ICE-Züge endeten aber vorzeitig in Frankfurt am Main. Da wegen einer Messe in der Stadt kaum Hotelzimmer zur Verfügung standen, schliefen die Passagiere in den stehengebliebenen ICE-Zügen. Am Morgen konnten sie ihre Reise fortsetzen.

Auch auf dem Leipziger Hauptbahnhof mussten die Reisenden mit großen Verspätungen leben. Etliche Passagiere, deren Anschlusszüge am Abend ausfielen, verbrachten die Nacht auf dem Bahnhof oder in Aufwärmzügen. Helfer schenkten kostenlos Tee und Kaffee aus. Der Großraum Leipzig war besonders stark von Weichenstörungen betroffen. Ein Teil der ICE- und IC-Züge konnte daher nicht wie geplant in Leipzig halten, sondern wurden ersatzweise auf anderen Bahnhöfen der Region gestoppt.

Auch Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) musste wegen des Wetters seine Pläne ändern. Eigentlich wollte er per Hubschrauber ins niedersächsische Wendland fliegen, um erstmals das mögliche Atommüll-Endlager Gorleben zu besuchen. Schnee und Eis verhinderten den Flug. Röttgen disponierte um und stieg zusammen mit Mitarbeitern und Journalisten am Berliner Hauptbahnhof in einen Regionalexpress nach Wittenberge, von dort ging es mit dem Auto weiter.

Auf allen Fernverkehrsstrecken muss laut Deutscher Bahn am Donnerstag mit größeren Verspätungen und einigen Zugausfällen gerechnet werden. Insbesondere in Schleswig-Holstein fielen wegen des Wetters Züge aus, teilte ein Sprecher der Deutschen Bahn mit. So seien die Strecken zwischen Lübeck und Puttgarden (Kreis Ostholstein), sowie zwischen Eckernförde (Kreis Rendsburg-Eckernförde) und Flensburg komplett gesperrt. Wegen der Witterungsverhältnisse konnte auch kein Ersatzverkehr mit Bussen eingerichtet werden. Auf der Strecke Elmshorn-Hamburg war am Morgen ein Zug liegen geblieben. "Richtung Hamburg muss mit Verspätungen und einzelnen Zugausfällen gerechnet werden", berichtete der Bahnsprecher. Der Zugverkehr auf der Strecke Lübeck-Puttgarden war schon am Mittwoch nach einem tödlichen Unfall auf den Gleisen gesperrt worden.

Auch Flugreisende bekommen den Wintereinbruch zu spüren. Wegen des heftigen Schneefalls in Deutschland sind am Donnerstag zahlreiche Flüge von und nach Berlin ausgefallen oder verspätet gestartet. Einige Maschinen aus Süddeutschland und der Schweiz erreichten Berlin gar nicht erst. Die Weiterflüge mussten ebenfalls gestrichen werden. So fielen Lufthansa-Flüge vom Flughafen Tegel nach Frankfurt, Nürnberg und Zürich am Morgen aus. Viele andere Flugzeuge hoben mit Verspätung ab.

Fluglinien wie Air Berlin kämpften mit Schnee und Eis. Flugzeuge starteten und landeten später. Bis in den Nachmittag wurden im Internet Verspätungen angekündigt. Der Internet-Zugang der Berliner Flughafengesellschaft war wegen der vielen Anfragen offenbar überlastet. Auf der Internetseite www.berlin-airport.de hieß es nur: "Aktuelle Statusinformationen sind aus technischen Gründen zur Zeit nicht verfügbar. Es werden daher die Planzeiten der Flüge angezeigt."

Auf Deutschlands größtem Flughafen in Frankfurt am Main läuft der Betrieb indessen störungsfrei, wie der Verkehrsleiter vom Dienst berichtete. Allerdings müssten als Folge von Beeinträchtigungen auf ausländischen Flughäfen wieder Flüge gestrichen werden. Am Flughafen München seien seit Betriebsbeginn beide Start- und Landebahnen schneefrei, sagte ein Sprecher. Dennoch seien bis zum Vormittag 51 Flüge annulliert worden, da sich einige Maschinen wegen der Probleme vom Mittwoch noch nicht am richtigen Ort befinden.

Auf europäischer Ebene kommt es zu massiven Verspätungen. Wegen strengen Frosts und anhaltend schweren Schneefalls bleibt der Londoner Flughafen Gatwick am zweiten Tag in Folge geschlossen. Flughafenvertreter teilten mit, man arbeite an einer Wiederaufnahme des Flughafenbetriebs, die Wetterbedingungen hätten sich jedoch erheblich verschlechtert. Gatwick soll für den Rest des Tages geschlossen bleiben, während der Betrieb am Londoner City Airport und am Flughafen von Edinburgh nur vormittags eingestellt sein soll. Aufgrund des anhaltenden Schneefalls kam es im Straßen- und Zugverkehr zu erheblichen Verspätungen.

Der Prager Flughafen ist wegen heftiger Schneefälle mehrere Stunden gesperrt worden. Der Flugbetrieb sei in der Nacht zu Donnerstag sechs Stunden lang eingestellt worden, rund 40 Flüge seien annulliert worden, sagte Flughafensprecherin Michaela Lagronova der Nachrichtenagentur AFP. Während der Sperrung bis fünf Uhr morgens sei es gelungen, die Rollbahnen vom Schnee zu befreien, so dass bereits mehrere Dutzend Maschinen wieder hätten starten und landen können. Wegen des Winterwetters in anderen Ländern fielen dennoch mehrere Flüge aus, wie Lagronova weiter sagte. In der tschechischen Hauptstadt schneie es aber derzeit nicht mehr, "unsere Prognose ist relativ positiv".

Eine gute Nachricht hatten die Meteorologen aber doch: "Die Winde werden am Donnerstag schwächer werden", sagte DWD-Fachmann Martin Jonas. Zwar werde der Schnee immer noch locker und pulverig sein und deshalb mit leichten Böen wirbeln können. Nur die Ostsee werde von schnellen und stürmenden Winden heimgesucht. Ansonsten werde es ruhiger. Auch für Bayern und Baden-Württemberg sagte ein DWD-Fachmann das voraus. Aber: "Die tiefen Temperaturen bleiben weiterhin wirklich extrem." Es müsse mit bis zu minus 15 Grad gerechnet werden.

© dpa/AFP/AP/Reuters/grc - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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