Welfen:Streit um die Marienburg

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Neuschwanstein des Nordens: das Schloss Marienburg in Pattensen bei Hannover. (Foto: Moritz Frankenberg/dpa)

Die Familienfehde zwischen Ernst August von Hannover und seinem Sohn schwelt seit Jahren. Kurz vor einer mündlichen Verhandlung hat der Senior nun seine Klage gegen den Junior zurückgezogen und seine Forderungen verkauft.

Von Peter Burghardt, Hamburg

Es gab ja Zeiten, da hatte sogar Hannover noch einen König, er machte seiner lieben Frau damals ein schönes Geschenk. Vor gut 150 Jahren ließ Georg V. seiner Marie das Schloss Marienburg hinstellen - "nach dem Wohlgefallen und den Wünschen Unserer lieben Gemahlin", wie er in der Schenkungsurkunde schrieb, "und nach Bequemlichkeit."

Die Anlage steht auf einem bewaldeten Hügel bei Pattensen südlich von Niedersachsens Landeshauptstadt, im deutschen Norden ist dieses Bauwerk eine Touristenattraktion wie Neuschwanstein im deutschen Süden. Allerdings gibt es unter den Nachkommen der Welfen seit einiger Zeit Ärger wegen der aktuellen Besitzverhältnisse, weshalb das Landgericht Hannover am Donnerstag nun zu diesem Termin rief: Prinz Ernst August von Hannover gegen Ernst August Erbprinz von Hannover. Jedenfalls war das zunächst der Titel.

Vater gegen Sohn, so sah es erst aus bei dieser mündlichen Verhandlung in Saal 127, ehe sich die Dinge überraschend änderten. Die Beteiligten mussten ohnehin nicht erscheinen, nur die Anwälte. Ernst August Prinz von Hannover, 68, und eine zugehörige GmbH hatten Ernst August Erbprinz von Hannover, 38, verklagt. Sie wollen die Marienburg zurück haben und außerdem das Hausgut Calenberg sowie das Fürstenhaus Herrenhausen in Hannover.

2004 hatte Ernst August senior die Marienburg dem Junior übereignet, der überführte das Märchenschloss samt Möbeln, Gemälden, Büchern und so weiter dann 2020 in eine Stiftung. Die soll dafür sorgen, dass das Gemäuer mit seinen Türmen und Sälen bis 2030 saniert wird. 27 Millionen Euro wird das voraussichtlich kosten, das Geld hat Ernst August von Hannover junior nicht, Bund und Land wollen sich kümmern.

Ernst August von Hannover junior ist bei seinem Vater (rechts) in Ungnade gefallen. (Foto: Ole Spata; Tobias Hase/dpa)

Unter anderem dieser Deal missfiel dem Vater. Er widerrief die Schenkung und nannte als Gründe "groben Undank" gemäß Paragraf 530 des BGB, ungerechtfertigte Bereicherung und den Wegfall der Geschäftsgrundlage. Ministerpräsident Stefan Weil (SPD) bekam 2019 einen Brief einer Kanzlei im Auftrag des Seniors, darin "Seine Königliche Hoheit" genannt, den Beklagten bezeichnete der Autor als "treulosen Sohn". Dieser sei "verpflichtet, seinem Vater die geschenkten Grundstücke herauszugeben". Man bat die Regierung darum, dass Niedersachsen an den "Transaktionen bis zur Klärung der Meinungsverschiedenheiten zwischen unserem Mandanten und seinem Sohn nicht mitwirkt".

Für Ernst August von Hannover junior ist die Klage "substanzlos, und die darin enthaltenen Behauptungen sind falsch". Sorgen um die Zukunft von Schloss Marienburg seien "völlig unbegründet", erklärte er. Die Stiftungslösung sei rechtssicher; "dem langfristigen Erhalt der Marienburg als zentralem Kulturdenkmal Niedersachsens, das für alle öffentlich zugänglich bleibt, steht nichts im Wege."

Der Vater hat seine Forderungen verkauft

Zerstritten sind diese zwei Nachkommen des letzten deutschen Kaisers schon länger. 2012 warf der Ältere dem Jüngeren vor, er habe ihn aus dem Vorstand der Herzog von Cumberland-Stiftung gedrängt, die das Vermögen der Welfen verwaltet. Zur Heirat des Sohnes mit einer russischen Modedesignerin kam der Vater 2017 nicht.

Einer gerichtlichen Auseinandersetzung sehe er gelassen entgegen, so der Sohn 2021, als das Verfahren schon bevorstand, es wurde dann auf 2022 verschoben. Einzelheiten wolle er "mit Rücksicht auf meine Familie nicht kommentieren" - "auch zum Schutz meines Vaters."

Am Donnerstagnachmittag hieß es dann plötzlich, der Vater habe seine Klage kurz vor Prozessbeginn zurückgezogen, er wolle die Familiensache außergerichtlich klären. Aber einen Teil seiner Ansprüche wie die Rückforderung des Schlosses habe er an die Salzburger EAH BetreibungsgmbH verkauft. Die Verhandlung beziehe sich jetzt auf die Klage dieser Firma, worauf der Vorsitzende Richter der Zivilkammer von rechtlichen Bedenken zur Abtretung sprach: "Stand heute würden wir die Klage abweisen." Anfang Juni will das Gericht entscheiden. Die Marienburg kann derweil wieder täglich besichtigt werden.

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