Weihnachtspredigten:Gegen Künstliche Intelligenz und Transhumanismus

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Bayerns Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm. (Foto: dpa)
  • Die Würdenträger der deutschen Kirchen rufen in ihren Weihnachtspredigten zu besserem Zusammenleben auf.
  • Kardinal Woelki warnt vor den Gefahren zunehmender Digitalisierung und immer besser werdenden Künstlichen Intelligenzen.
  • Der Limburger Bischof spricht sich gegen neue Lebensphilosophien wie den Transhumanismus aus.

Weihnachten ist nach Überzeugung des Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, die größte Hoffnungsbotschaft für die Welt. Denn Gott bleibe nicht "irgendwo da draußen am Himmel", sondern komme mitten in die Welt hinein und werde zum Bruder der Menschen, sagte der bayerische Landesbischof laut Manuskript in seiner Predigt am ersten Weihnachtsfeiertag in der Münchner Matthäuskirche.

Weihnachten verbinde aber auch Menschen unterschiedlicher Kulturen und Nationalitäten. Denn Gott sei durch das Kind in der Krippe "nicht zuerst Deutscher oder Chinese, Amerikaner oder Afrikaner geworden, sondern einfach Mensch".

Egoismus als Lebensprinzip zerstöre den Einzelnen, aber auch die Gesellschaft insgesamt. Diese Leitplanken seien jedoch keine "moralistischen Mahnungen", sondern eindringliche Rufe zu Solidarität und Handeln. Dazu gehöre Engagement für arme Menschen in Deutschland und auf der ganzen Welt, Überwindung einer Kultur der Anprangerung, Empörung und Abwertung in den sozialen Medien sowie ein neuer Lebensstil, der aufhört, die Natur zu zerstören.

Woelki warnt vor zunehmender Digitalisierung

Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki warnt indes vor Gefahren der Digitalisierung. Künstliche Intelligenz (KI) nehme immer neue Züge an und orientiere sich nicht nur an menschlicher Logik, sondern auch an Gefühlen, sagte der Erzbischof im Weihnachtsgottesdienst im Kölner Dom. "Humanoide Roboter können bereits streicheln, lachen und weinen." Sie imitierten aber nur menschliche Nähe. "Weihnachten erinnert daran, dass - neben all dem Guten, das mit der Digitalisierung verbunden ist - nichts die wirkliche, menschliche Nähe ersetzen kann."

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KI schickt sich nach den Worten Woelkis an, den Menschen in vielem zu übertreffen. Das gelte nicht nur für Spiele wie Schach, Problemanalysen oder strategische Entscheidung in Wirtschaft und Politik, sondern etwa auch für das Trösten oder das Mut-Machen. Dies sei aber "nicht Ausdruck des perfekt Menschlichen, sondern des perfekt Technischen", so Woelki. "Alexa, Siri und andere Maschinen erzählen uns Witze, unterhalten sich mit uns und kaufen für uns ein." Dahinter stünden schlicht rationale Algorithmen, die menschliches Verhalten nachahmten und Realität und Suggestion verschwimmen ließen. Eine rein durch Algorithmen gesteuerte Begegnung aber "beschneidet Menschen in ihrer personalen Würde, weil es letztlich eine anonyme und entmenschlichte Kommunikation ist".

"Wir sind mehr als Mr. Data, dieser irgendwie sympathische Humanoide in der TV-Serie Star Trek", sagte der Kardinal. Weihnachten erzähle davon, dass das Kind in der Krippe keine digitale Repräsentation Gottes ist. "Gott kommt in echt! Er hat Fleisch angenommen in seinem Sohn Jesus Christus." Er bleibe in alle Ewigkeit ein Mensch wie wir.

Gegen Antinatalismus und Transhumanismus

Der Limburger Bischof Georg Bätzing hält einschneidende Veränderungen des Lebensstils der im Wohlstand lebenden Menschen für dringlich. Armut, Kriege und Migrationsströme seien "indirekte oder direkte Folgen unseres Lebensstils in unserem kleinen, ganz und gar privilegierten Teil der einen Welt", sagte Bätzing in seiner Predigt im Limburger Dom. Er fügte hinzu: "Wenn wir dafür keine gerechten Lösungen finden, und wenn wir sie nicht bald umsetzen, gefährden wir die Zukunft unseres Planeten."

Strömungen wie dem Antinatalismus oder dem Transhumanismus erteilte der Bischof indes eine klare Absage. Der Antinatalismus spreche sich dafür aus, aus Angst vor dem Kollaps des Planeten keine Kinder mehr zu bekommen. "Ich finde das geradezu zynisch", so Bätzing. Probleme würden damit wiederum auf die künftige Generation abgewälzt, der "schlicht und ergreifend das Lebensrecht abgesprochen wird".

Der Transhumanismus gehe davon aus, dass die Menschen es "vermasselt" hätten und nur durch Künstliche Intelligenz und Eingriffe in die menschliche Keimbahn auf eine "höhere Stufe" hin entwickelt werden könnten. "Gott bewahre uns davor! Denn ein solcher Traum wurde im 20. Jahrhundert mehrfach geträumt von totalitären Systemen, die vorgaben, den Menschen und die Gesellschaft zu verbessern, und dabei in menschenverachtenden Vernichtungsprogrammen geendet sind", sagte Bätzing. "Gott sei Dank haben sich Freiheit und Menschenwürde vielfach dagegen behaupten können", so der Bischof.

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