Es ist nicht das erste Mal, dass Silvio Berlusconi einen Prozess verpasst, bei dem er selbst vor Gericht steht. Doch vermutlich hatte er noch nie eine bessere Ausrede als an diesem Freitag. In Mailand wurde der Berufungsprozess in der Ruby-Affäre eröffnet und Berlusconi war nicht da - weil er wie jeden Freitag seine wöchentlichen Sozialstunden in einem Altersheim ableistete. Dazu war er in einem anderen Prozess wegen Steuervergehen bei seinem Konzern Mediaset verurteilt worden.
In dem jüngsten Prozess kämpft der italienische Ex-Regierungschef gegen eine weitere Verurteilung wegen Amtsmissbrauchs und Prostitution. Berlusconi wird bezahlter Sex mit einer Minderjährigen vorgeworfen; in erster Instanz war der 77-Jährige zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. Er soll die zum Tatzeitpunkt minderjährige Tänzerin Ruby für Sex bezahlt und sich nach einem mutmaßlichen Diebstahldelikt für ihre Freilassung eingesetzt haben. Berlusconi hat die Vorwürfe bestritten und Berufung gegen das erste Urteil eingelegt.
Sollte er auch in zweiter Instanz verurteilt werden, bleibt ihm noch der Gang vor das Kassationsgericht in Rom. Bei einer definitiven Verurteilung droht ihm Medienberichten zufolge ein zehnjähriger Hausarrest, da auch die Amnestie und Vergünstigungen nach dem Mediaset-Korruptionsurteil wegfallen könnten. Tatsächlich ins Gefängnis wird Berlusconi wegen seines hohen Alters wohl nicht kommen. Mit einem Urteil wird schon in wenigen Wochen gerechnet.
Der Berufungsprozess ist nicht die einzige verbliebene juristische Schlacht Berlusconis. Weil er in dem Verfahren Zeugen beeinflusst haben soll, laufen Ermittlungen, die zu einem weiteren Prozess führen könnten.