Frankreich:Vierfachmord in den Alpen: Polizei nimmt Mann kurzzeitig in Gewahrsam

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In dem mysteriösen Vierfachmord 2012 in den französischen Alpen gab es nun eine Festnahme. (Foto: Philippe Desmazes/AFP)

Vor neun Jahren wurden auf einem Parkplatz im französischen Chevaline vier Menschen erschossen. Nun rückte ein alter Verdächtiger wieder in den Fokus, doch der Verdacht hat sich offenbar nicht erhärtet.

Es war für die Fahnder ein äußerst frustrierender Fall: Vier Menschen wurden im September 2012 in den französischen Alpen nahe des Ortes Chevaline getötet, und sämtliche Spuren führten zu keinem Ergebnis.

Am Mittwoch nahm die Polizei dann einen Mann in Gewahrsam. Er geriet in Verdacht, nachdem die Ermittler den Hergang der Ereignisse noch einmal rekonstruiert hatten. Wie die Zeitung Le Parisien unter Verweis auf übereinstimmende Quellen berichtete, handelt es sich um einen Mann, der 2014 bereits im Visier der Fahnder stand.

Das Verhör des Mannes habe nach Angaben der Ermittler jedoch keine neue Spur ergeben. Der am Vortag festgesetzte Mann sei am Donnerstagnachmittag aus dem Gewahrsam entlassen worden, ohne dass sich irgendwelche Vorwürfe gegen ihn ergeben hätten, teilte Staatsanwältin Line Bonnet in Annecy mit. Anhand seiner Erklärungen sowie Überprüfungen könne eine eventuelle Beteiligung am Tatgeschehen ausgeschlossen werden. Die Ermittlungen in dem Fall gingen aber weiter, um den oder die Täter zu finden.

Der Vierfachmord von Chevaline gilt als einer der mysteriösesten Mordfälle der vergangenen Jahre. Der Täter hatte ein in Großbritannien lebendes irakischstämmiges Urlauberpaar und die Mutter der Ehefrau auf einem Waldparkplatz erschossen. Ebenfalls getötet wurde ein offensichtlich zufällig vorbeikommender Radfahrer. Nur die beiden Töchter des bei London lebenden Paares im Alter von vier und sieben Jahren überlebten. Ein erschütterndes Detail: Die Vierjährige hielt sich nach der Tat zunächst unbemerkt für acht Stunden unter den Beinen ihrer toten Mutter verborgen, ehe die Spurensicherung sie bei der Bergung der Leichen fand. Das ältere Mädchen wurde beim Versuch zu fliehen im Rücken getroffen und schwer verletzt.

Der in dieser Woche in Gewahrsam genommenen Mann, der aus der Region um Chavaline stammt, war zur Tatzeit einigen Waldarbeitern aufgefallen, als er mit seinem Motorrad unterwegs war. Nach der Veröffentlichung eines Phantombildes 2013 meldete er sich nicht von sich aus. In den Fokus der Ermittlungen geriet er dann 2014 erst, weil er sich nach der Auswertung von Handydaten zur Tatzeit in der Nähe aufgehalten hatte. Zwar wurde der Ex-Polizist vorübergehend festgenommen, zu einem Verfahren kam es aber nicht, weil sich keine Verbindung zu der Tat ergab. Er habe sich zum Paragliding, seinem Hobby, in Tatortnähe aufgehalten, sagte der Mann damals aus.

Vierfachmord von Annecy
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Bei einem Ortstermin machte sich der Motorradfahrer verdächtig

Im September hatten die Ermittler einen Ortstermin organisiert, um mit verschiedenen Beteiligten mögliche Abläufe rund um die Tat zu rekonstruieren und so möglicherweise auf neue Ansätze zu stoßen. Auch die Waldarbeiter und der inzwischen 57 Jahre alte Motorradfahrer wurden eingebunden. Laut Le Parisien ergaben sich dabei Ungereimtheiten bei den Zeitangaben des Motorradfahrers.

Den Opfern war jeweils zweimal mit einer seltenen Waffe in den Kopf geschossen worden. Es handelte sich um eine automatische Pistole vom Typ Luger 06, die Anfang des vergangenen Jahrhunderts entwickelt worden war und als sehr beliebt bei Waffensammlern gilt. Bei dem Motorradfahrer soll es sich ebenfalls um einen Waffensammler handeln. Nach dem Fund diverser Waffen wurde 2014 gegen ihn auch wegen illegalen Waffenhandels ermittelt.

Die Familie der Opfer war offensichtlich zum Urlaub auf einem Campingplatz in der beliebten Ferienregion. Vor dem Hintergrund eines möglichen Erbstreits als Motiv hatte ein französisch-britisches Ermittlerteam auch ein Familienmitglied vorläufig festnehmen lassen. Hier aber gab es ebenfalls nicht ausreichend Belastungsmaterial, der Mann kam frei. Der aus dem Irak stammende Familienvater hatte in der Raumfahrtbranche gearbeitet. Die Polizei prüfte auch Spekulationen, er könnte in Spionageaktivitäten verwickelt sein - diese Ermittlungen blieben ohne Resultat.

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