Miet-Pools:Planschen bei den Nachbarn

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Wo kann man am besten entspannen? Im Garten des Nachbarn. (Foto: Ashley Corbin-Teich/imago)

Sommerhitze, - und hässliche Freibäder. Dank eines neuen Vermittlungsdienstes haben viele Amerikaner nun eine Alternative zum städtischen Pool gefunden: im Garten nebenan.

Von Claus Hulverscheidt

Zu den wenigen echten Abenteuern, die man im modernen New York noch erleben kann, zählt der Besuch eines öffentlichen Freibads. Hohe Zäune, schattenlose Betonflächen, strikte Kleiderregeln, Handy- und Essverbot: Wer Schwimmspaß mit einem Spritzer Alcatraz mag, ist im Stadtbad meist bestens aufgehoben.

Nun sind Geschmäcker bekanntlich verschieden, und nicht jeder Amerikaner steht auf Gefängnis-Chic. Das ist der Moment, in dem Swimply ins Spiel kommt: Das Online-Portal aus Los Angeles, dessen Name sich aus den englischen Wörtern für schwimmen und einfach zusammensetzt, bringt Besitzer privater Pools mit Nachbarn und Touristen zusammen, die mit der Familie baden, eine Planschparty veranstalten oder einmal im Leben stinkreiche Villenbesitzer spielen wollen. Dabei finden sich in dem Portal nicht nur Luxusbecken. Die Bandbreite reicht vielmehr von der palmengesäumten Traumanlage mit Champagneranrichte bis zum Baumarkt-Aufstellpool im Hinterhof.

Das Geschäft boomt - auch dank der Pandemie

Die Idee zu dem Dienst kam Gründer Bunim Laskin angeblich, als er beim Blick in den Garten der Nachbarn feststellte, dass deren Schwimmbecken fast nie genutzt wird. Eine Erfahrung, die vergangenes Jahr auch Lisa und Jim Battan aus einem Vorort von Portland machten: Nachdem die Kinder ausgezogen waren, blieb der einst viel beplanschte Familienpool leer. Mit Swimply änderte sich das, wie das Paar jetzt dem Wall Street Journal erzählt hat: In nicht einmal zwölf Monaten empfingen sie 2700 Gäste und nahmen 111 000 Dollar ein - exakt die Summe, die der Bau des Beckens einst gekostet hatte.

Landesweit führt Swimply mittlerweile 13 000 Poolbesitzer in mehr als 100 Regionen auf. Das Geschäft boomt - auch dank der Pandemie, in deren Zuge die öffentlichen Bäder geschlossen wurden und der Wunsch nach Vergnügungen im Familienkreis wuchs. Mieter zahlen für sich und ihre Mitschwimmer meist zwischen 35 und 50 Dollar pro Stunde, bei Luxusanwesen auch dreimal so viel. Swimply, das demnächst unter dem Namen Joyspace auch private Tennisplätze, Fitnessräume, Hot Tubs und Luxusgärten vermitteln will, schlägt für die Gäste nochmals zehn Prozent drauf und kassiert zudem 15 Prozent von den Anbietern. Viele Besitzer nehmen in der warmen Jahreszeit, die in den USA mancherorts sehr lang ist, monatlich zwischen 5000 und 10 000 Dollar ein. Dafür gibt es auch einiges zu tun: Das Wasser muss sauber gehalten werden, zudem führen viele Vermieter trotz Haftpflichtversicherung im Hintergrund Aufsicht, um zur Stelle zu sein, wenn es einen Unfall gibt oder eine Party ausartet. Sicher ist sicher.

Dass Gründerideen wie Swimply, der Fahrdienst Uber oder der Zimmervermittler Airbnb fast immer in den USA entstehen, ist übrigens kein Zufall. Da ist einmal die Begeisterung der Amerikaner für einfache und nutzerfreundliche internetgestützte Dienstleistungen. Vor allem aber ist da die alte, analoge Konkurrenz. Wer etwa in New York schon einmal Taxi gefahren ist, für 350 Dollar pro Nacht ein schuhkartongroßes Hotelzimmer gebucht oder eben ein öffentliches Freibad besucht hat, der weiß: Der Erfindergeist ist dort am stärksten ausgeprägt, wo die Not am größten ist.

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