Überschwemmungen in Ostdeutschland:"Wir halten die Situation für beherrschbar"

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Nach dem verheerenden Hochwasser in Sachsen wird Bilanz gezogen und aufgeräumt. In Brandenburg aber halten die Menschen noch den Atem an.

Das Hochwasser hat nach Sachsen nun auch Brandenburg erreicht: Drei kleinere Ortschaften seien evakuiert worden, berichtete der Leiter des Landesumweltamts, Matthias Freude, im ZDF- Morgenmagazin. Dennoch ist man dort zuversichtlich: Er sei optimistisch, dass die Schäden in Brandenburg nicht die Ausmaße wie in Sachsen annehmen werden, sagte der Experte. Auch der Zustand der rund 1500 Kilometer langen Deiche sei mittlerweile sehr gut.

Kampf gegen die Fluten: Sandsäcke sollen die Keller und Häuser der Bewohner der brandenburgischen Ortschaft Pusack vor den Wassermassen schützen. (Foto: dpa)

Die Menschen in der brandenburgischen 70-Seelen-Gemeinde Klein Bademeusel dürfen wegen der sinkenden Pegel bereits auf eine baldige Rückkehr in ihre Häuser hoffen. Es stehe "mit hoher Wahrscheinlichkeit" die Aufhebung der Evakuierung bevor, sagte der Sprecher der Katastrophenschutzbehörde des Landkreises Spree-Neiße. Die Bürger des zur Stadt Forst gehörenden Ortes waren am Montagabend wegen eines drohenden Deichbruches in Sicherheit gebracht worden.

Sorgen bereitet hingegen die Neiße-Stadt Guben: Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) bezeichnete die Lage dort als kritisch. "Es stehen spannende Stunden vor Guben", sagte Platzeck im RBB-Inforadio. Südlich der Stadt sei am Montagabend ein Damm gebrochen - er hoffe aber, dass größere Evakuierungen vor allem auch des Gubener Krankenhauses vermieden werden könnten.

Insgesamt hatte Platzeck seine Eindrücke am Montag mit den Worten zusammengefasst: "Wir halten die Situation für angespannt, aber beherrschbar."

Zuversicht in Brandenburg

Anders als Sachsen verfügt Brandenburg über Möglichkeiten, das Hochwasser teilweise zurückzuhalten und zu kanalisieren. Am Dienstagmorgen wurde mit der Flutung der bislang fast leeren Talsperre bei Spremberg begonnen, die große Mengen Spreewasser aufnehmen kann. Die Flutung solle verhindern, das es in Cottbus zu "größeren Schäden" komme, sagte der brandenburgische Ministerpräsident.

Die Stadt rechnet damit, dass der Hochwasserscheitel der Spree am Dienstagnachmittag durchzieht. Deichbrüche könnten nicht ausgeschlossen werden, hieß es in einer Mitteilung der Cottbuser Stadtverwaltung.

Die Lage an der Elbe ist laut Platzeck derzeit aber entspannt - und wird voraussichtlich ungefährlich bleiben.

In Sachsen ist man hingegen auch nach dem Sinken der Pegelstände von einer Rückkehr zur Normalität weit entfernt: Das Kabinett will am Mittag ein Darlehensprogramm im Umfang von 100 Millionen Euro auf den Weg bringen. Das hatte der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) nach einem Treffen mit seinen Ministerkollegen angekündigt. Er gehe davon aus, dass es zudem ein Sonderprogramm des Bundes geben müsse, sagte er der Sächsischen Zeitung.

In etlichen Orten des sächsischen Landkreises Görlitz entlang der Neiße wurde der Katastrophenalarm am Montagabend aufgehoben. "Es ist alles rückläufig. Die Lage entspannt sich", sagte eine Sprecherin des Katastrophenschutzstabs. Allerdings habe die Polizei in Ostsachsen ihre Präsenz wegen befürchteter "Plünderungen" vorbeugend erhöht. "Anwohner haben Angst vor Einbrüchen und Diebstählen", sagte die Sprecherin, da viele Häuser "zum Trocknen offenstehen".

Kritik an der polnischen Informationspolitik

Die Hochwasserwelle der Neiße war am Montag von Sachsen aus Richtung Norden gezogen: Am Mittag kam der Scheitel in Bad Muskau an. Ein Teil des Unesco-Weltkulturerbes Fürst-Pückler-Park steht seither unter Wasser. "Es besteht aber wegen der sinkenden Pegel keine Gefahr für das Schloss und den Park", sagte die Sprecherin des Katastrophenschutzstabes.

Zwei vor dem Kurort liegende Dörfer wurden überflutet, Deiche brachen unter dem Druck des Hochwassers.

Indes wird zunehmend Kritik an der Arbeit der polnischen Umweltbehörden laut: Ministerpräsident Tillich, der die Flutschäden in Sachsen auf einen dreistelligen Millionenbetrag schätzt, kündigte eine umfassende Untersuchung der Informationsketten nach dem Dammbruch am Witka- Stausee in Polen an.

Die Wassermassen hatten die Neiße am Samstag innerhalb kürzester Zeit massiv und quasi ohne Vorwarnung anschwellen lassen. Die Behörden in Sachsen seien zunächst nur über eine erhöhte Abflussmenge aus der Talsperre, nicht aber über einen Dammbruch informiert worden, sagte der Regierungschef. Das habe Zeit gekostet.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière stellte im ZDF- Morgenmagazin unterdessen auch finanzielle Hilfe des Bundes zur Beseitigung der Hochwasserschäden in Aussicht. Er verwies darauf, dass die sächsische Landesregierung bereits ein Sofortprogramm auf den Weg gebracht habe.

Mit Ministerpräsident Stanislaw Tillich sei vereinbart worden, dass es dann eine Bilanz gebe. Dabei sei zu prüfen, wer von den Flutopfern versichert gewesen sei und wer nicht. Nach der Hochwasserkatastrophe von 2002 seien alle angehalten worden, eine Versicherung abzuschließen. Etwas anderes sei es indessen, wenn dies die Versicherung abgelehnt habe. "Aber wir werden über Geld sprechen", fügte de Maizière hinzu.

Der Minister sprach von bewegenden Bildern, die er in Sachsen gesehen habe: etwa von dem großen Unternehmen, das die Spree mit ihren Wassermassen weggespült habe oder die Schäden am Welterbe in Bad Muskau. Bewegend sei aber auch das Ausmaß der Hilfsbereitschaft. De Maizière äußerte daher einen "ganz großen Dank" vor allem an die freiwillige und Berufsfeuerwehr.

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