Was hat der Muezzin im türkischen Izmir mit den italienischen Partisanen gemeinsam? Nicht viel, jedenfalls bis zu diesem Mittwochnachmittag. Da haben technisch Versierte das Audiosystem einiger Moscheen der Großstadt gehackt und über die Lautsprecher an den Minaretten mehrerer Gebetshäuser "Bella Ciao" gespielt, das Lied der italienischen Widerstandskämpfer im Zweiten Weltkrieg. Normalerweise übertragen die Moschee-Lautsprecher fünf Mal am Tag den Gebetsruf des Muezzins, jetzt im Ramadan werden zusätzlich Abend für Abend lange Gebete gesungen.
Umso ungewöhnlicher die Aktion der Hacker. Was auf den ersten Blick lustig klingt, kann in einem muslimischen Land wie der Türkei von den Frommen als Gotteslästerung empfunden werden. Entsprechend scharf waren die Reaktionen auf den in der Türkei einmaligen Vorgang. Izmirs Bürgermeister, immerhin Vertreter der säkularen CHP-Partei, ließ sofort wissen, dass "ich diejenigen verfluche, die diese Provokation verantworten". Der Staatsanwalt ermittelt auch schon gegen diejenigen, die den Moment mitgeschnitten und über die sozialen Medien im Land weiterverbreitet haben. Bei der konservativen, islamisch orientierten Regierung in Ankara dürfte die Aktion ebenfalls Unmut auslösen: "Bella Ciao" ist bekannt als Protestsong freiheitsliebender Menschen - auch in der Türkei.