Todesurteil für Vergewaltiger in Indien:Der Wandel hat begonnen

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Furchtbare Strafe für eine furchtbare Tat: Die Vergewaltiger von Delhi haben die Höchststrafe bekommen. Angesichts der Aufregung, die ihre Gewalt ausgelöst hat, dürfte das drakonische Urteil kaum überraschen. Doch für die Inder hat der Prozess eine hohe symbolische Bedeutung.

Ein Kommentar von Arne Perras, Singapur

Tod für die Vergewaltiger von Delhi: Dieses Strafmaß kommt wenig überraschend. Die vier angeklagten erwachsenen Männer wurden bereits Anfang der Woche schuldig gesprochen, weil sie eine 23 Jahre alte Studentin in einem Bus vergewaltigt, geschlagen und so schwer verletzt hatten, dass sie starb. Das Gericht folgte bei der Strafmaßverkündung der Forderung der Anklage und verhängte die Höchststrafe. Dies ist nach indischem Recht nur in ganz besonderen Fällen möglich. Der Richter sprach von einer "bestialischen Tat" - eine Einschätzung, die keinen Raum für Milde ließ.

Dass es in Indien nach dem Urteil einen großen Aufschrei gegen die Todesstrafe geben wird, ist nicht zu erwarten. Die Emotionen in dem Fall haben sich seit Monaten hochgeschaukelt, der öffentlich bekundete Hass auf die Täter wuchs und wuchs, so dass sich mahnende Stimmen mit ihrer prinzipiellen Kritik an Todesurteilen nicht allzu viel Gehör verschaffen werden.

Für die Menschen in Indien hat der Prozess eine hohe symbolische Bedeutung, denn viele Bürger leiden darunter, dass Polizei und Justiz ihre Aufgaben nicht wahrnehmen - dass sie in unzähligen Fällen versagen. Nun hat ein Schnellgericht in einem besonders grausamen Fall immerhin zügig Recht gesprochen.

Der indische Staat ist gefordert

Die Gewalt gegen indische Frauen aber wird erst dann einzudämmen sein, wenn dieser Fall tatsächlich drastische Reformen der Regierung anstößt. Die Menschen in Indien trauen ihrer Polizei und den Gerichten nicht viel zu, und das hat viel mit eigener Erfahrung zu tun. Die weit verbreitete Straflosigkeit zu bekämpfen ist also ein wichtiger Schritt, der vor allem den indischen Staat fordert.

Aber das alleine wird kaum ausreichen, um den Frauen auf dem Subkontinent die Angst vor der Gewalt zu nehmen. Solange es eine Gesellschaft akzeptiert, dass Mädchen weniger wert sind als Jungen, werden Missbrauch, Demütigung und Ausbeutung weiterhin zum Alltag gehören. Dies zu verändern, wird dauern.

Aber der Wandel hat längst begonnen, sonst hätte es keinen nationalen Aufschrei gegen die Tat gegeben.

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