Ehe-Aus:Gottschalks Vokabel der Wut

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Die vielen Medienberichte über das Ende seiner Ehe veranlassten Thomas Gottschalk in seiner Radioshow zu einer derben Wortwahl. (Foto: dpa)

In seiner Radioshow lästert der Moderator über "Weiberzeitungen". Was hat er sich bei diesem Wort gedacht? Eine Begriffsbetrachtung.

Von Hilmar Klute

Thomas Gottschalk, der Sloterdijk unter den deutschen Entertainern, hat sich mit einem wuchtigen Satz an die Hörer von Bayern 1 gewendet, um diese zu ehren und zu herzen, und er hat im gleichen Atemzug eine bestimmte Gruppe von Lesern in eine rückwärtige Richtung verwiesen. Die Freunde des Rundfunks seien es, für die er seine immer noch muntere Stimme erhebe, und keinesfalls die "Leser irgendwelcher Weiberzeitungen, die gehen mir wirklich am Arsch vorbei".

Solche farbigen Wutstöße bedürfen heutzutage einer sanften Fußnotenbehandlung, denn während der Begriff "Arsch" weitgehend geläufig und als Zorneswort zumindest im Straßenverkehr akzeptiert ist, kann man den Terminus "Weiber" heute nicht mehr anwenden, ohne verstohlen nach links und rechts zu blicken.

Weiberzeitungen! Jeder weiß natürlich, dass damit Magazine gemeint sind, die unsere Großeltern seinerzeit Illustrierte nannten, weil die Welt noch nicht so komplett unter der Bilderflut stand wie heute. Zeitschriften nämlich, die nach allem, was man weiß, vorzüglich von Frauen gelesen werden und sich in den vergangenen Wochen gerne mit Gerüchten um das Ehe-Aus der Gottschalks befassten. Frauen hießen in Zeiten, da man Wasser vom Brunnen holen musste und Unterhemden an rauen Brettern sauber rieb, Weiber.

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1972 lernten sich Thea und Thomas Gottschalk kennen, 1976 wurde geheiratet. Vor Kurzem sprach der Moderator noch von brennenden Herzen. Jetzt ist die Trennung bestätigt.

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Frauen prägen den gesellschaftlichen Diskurs

Sie wurden so genannt, weil bis ins späte 19. Jahrhundert in Deutschland das Bürgertum am Drücker war, das sich gerne auf mittelalterliche Überlieferungen berief und das "wīp" als Gesamtbegriff für den weiblichen Bürger für ausreichend erachtete. Allerdings gab es auch damals schon kluge männliche Köpfe, die verstanden haben, dass Frauen nicht nur als "züchtige Hausfrauen" durchgingen, sondern den gesellschaftlichen Diskurs maßgeblich mitbestimmten. Der Schriftsteller Theodor Fontane war ein solcher Kopf, manche seiner Romane tragen als Titel Frauennamen, nicht Weibernamen.

Der Philosoph Arthur Schopenhauer dagegen war ein Kopf der Sorte "der etwas andere Kopf", und das gilt auch für sein Verhältnis zu Frauen, die er in seinem Traktat "Über die Weiber" als "das niedrig gewachsene, schmalschultrige, breithüftige und kurzbeinige Geschlecht" zum Teufel wünschte.

Weib als historische Figur

Aber wer "Weib" sagt oder schreibt, muss kein alberner dummer Mann sein. In Heinrich Heines lustiger Ballade "Ein Weib" feiert das Weib die Liebe zu ihrem geliebten Spitzbuben, eine Liebe, die sogar noch eine Steigerung erfährt, als der Mann um sieben ins Grab gesenkt wird: "Sie aber schon um achte trank roten Wein und lachte." Ein lustiges Weib also wie die lustigen Weiber von Windsor oder jene, die bei der Weiberfastnacht tanzen und zu Wein, Weib und Gesang Schlipse abschneiden. Wir sehen: Das Weib ist eigentlich eine historische Figur geworden, ähnlich dem Jüngling, der Jungfer und dem Hagestolz - sie alle leben in alten Novellen weiter, das Weib stellt der deutschen Sprache zudem noch ein unerlässliches Adjektiv bereit.

Natürlich hat Thomas Gottschalk nicht die komplette Kulturgeschichte des Weibes aufgerufen, ehe er zur Vokabel "Weiberzeitungen" griff. Wir wissen auch nicht, ob er damit Frau im Spiegel gemeint hat, Brigitte, Barbara, Maire Claire oder Emma. Vielleicht hat Gottschalk auch einfach keine Lust darauf, dass andere ihm sein Leben erklären, völlig egal, ob das irgendwelche Typen oder irgendwelche Weiber sind.

© SZ vom 09.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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