Thailand:Mauer aus Betenden

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Die Vorwürfe sind so massiv wie der Widerstand: Behörden in Thailand versuchen vergeblich, einen populären Abt zu fassen, dem sie Geldwäsche vorwerfen.

Von Arne Perras, Singapur

Die geballte Staatsmacht rückte am Donnerstag in Gestalt ihrer Sonderfahnder an. Das "Department of Special Investigation", kurz DSI, ist direkt dem thailändischen Justizminister unterstellt, über den wiederum die herrschende Militärjunta wacht. Doch das konnte die Mönche in ihren safranfarbenen Gewändern nicht einschüchtern. Sie wehrten sich, und sie blieben die Stärkeren, jedenfalls vorerst.

Die Justizbehörden scheiterten damit mit ihrem Plan, einen ebenso populären wie umstrittenen Abt festzunehmen und zu verhören, dem Geldwäsche angelastet wird. Er soll unterschlagenes Geld vom früheren Besitzer einer Bank angenommen haben, es geht um 33 Millionen US-Dollar. Dass sich der Abt weiterhin im Tempel verschanzen konnte, lag vor allem am konzertierten Widerstand seiner Anhänger. Zwar konnten die Strafverfolger trotz mehrerer Blockaden bis zum Tempel vordringen. Doch ins Innere gelangten sie nicht. Während beide Seiten zäh verhandelten, campierten draußen die betenden Massen in schweigendem Protest, was so viel bedeutete wie: Fasst unsere Mönche nicht an!

In dieser anklagenden Atmosphäre gerieten die Fahnder in die Defensive, sie wollten nicht den Eindruck erwecken, als würden sie gewaltsam in eine religiöse Stätte eindringen. Zwar erklärte der Chef des Einsatzes später, die Sache sei noch nicht vorüber. Doch erst einmal mussten die Fahnder wieder abziehen. Und das sah doch stark nach Kapitulation aus.

Skandale um dubiose Geldschiebereien, Sexgeschichten und Betrugsvorwürfe - das alles überschattet den Klerus in Thailand schon seit Längerem. Doch es ist für die Behörden dort immer heikel, wenn sie juristisch gegen einen hohen religiösen Würdenträger vorgehen wollen, ganz besonders, wenn er so populär und einflussreich ist wie Phra Dhammajayo, der 72-jährige Abt des Dhammakaya-Tempels nördlich von Bangkok. Ähnlich zögerlich gingen die Behörden zuletzt auch gegen den berüchtigten Tigertempel vor: Schon vor Jahren waren Hinweise aufgetaucht, dass das Kloster im Westen in den illegalen Tierhandel verwickelt ist, doch durchgegriffen haben die Behörden sehr spät. Das Drama um Dhammajayo, der sich nun der Festnahme entzog, ist freilich noch brisanter, weil in diesem Fall auch die politische Spaltung Thailands eine Rolle spielt. Den Kräften um den Abt wird nachgesagt, Kontakte zum vermögenden Shinawatra-Clan zu unterhalten, der zwei Premiers hervorgebracht hat - Thaksin und dessen Schwester Yingluck -, nun aber von der Junta und deren Verbündeten geächtet wird. Die Dhammakaya-Stiftung weist solche politischen Verbindungen zurück.

Inmitten der Mauer aus Betenden wurde schließlich eine Pressekonferenz einberufen, auf der die Mönche sagten, der Abt sei zu krank gewesen, um sich einem Verhör zu stellen. Sie standen nicht weit entfernt vom Tempel, der in seiner Form eher an eine fliegende Untertasse von einem fremden Stern erinnert als an eine religiöse Stätte. Die Dhammakaya-Bewegung ist ebenso reich wie umstritten, denn sie wirbt nicht nur sehr forsch um Spenden. Sie ist auch wiederholt wegen Betrugsvorwürfen ins Zwielicht geraten.

Was ein paar buddhistische Mönche in den Siebzigern begonnen haben, ist zu einem finanzstarken religiösen Unternehmen gewachsen, die Dhammakaya-Bewegung hat sich auf etwa 30 Länder ausgedehnt und betreibt auch mehrere Meditationszentren in Deutschland. Sie hat eine gut geölte PR-Maschinerie, praktiziert aufwendige und kultartige Massenzeremonien, bei denen schon mal 100 000 Mönche ordiniert werden. Und sie hat nach eigenen Angaben drei Millionen Mitglieder um sich geschart. Kritiker werfen ihr vor, die Religion immer stärker zu kommerzialisieren, dem Materiellen zu frönen und auch den Gedanken zu befördern, dass große Geldgaben dem Seelenheil besonders zuträglich seien. So hat der Tempel im Laufe der Jahre aus Spenden erhebliche Reichtümer angehäuft. Doch die bringen die Bewegung nun in Verruf - zumal es so aussieht, als wäre der Abt alles andere als auskunftsfreudig.

© SZ vom 17.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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