Südostasien:Was geschah nach 13 Minuten? 

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Sofort nach dem Absturz brachen Suchtrupps auf. Sie fanden am Nachmittag erste Opfer. (Foto: Beawiharta/Reuters)

189 Menschen an Bord der Lion-Air-Maschine stürzen in die Javasee, nahe Indonesien. Sie waren 13 Minuten in der Luft, ehe das Unglück geschah. Wie viele Menschen dabei sterben, ist noch unklar.

Von Jens Flottau, Arne Perras

Dreizehn Minuten war Pilot Bhavye Suneja seit dem Start in Jakarta in der Luft, 57 Minuten später hätte er auf dem Flughafen von Pangkal Pinang landen sollen. Die Provinzhauptstadt ist von der Metropole Jakarta gerade mal 450 Kilometer Luftlinie entfernt, Tickets gibt es ab 23 Euro. Doch nach 13 Minuten brach der Kontakt zu Flug Lion Air JT610 ab. Zu dem Zeitpunkt befand sich die Maschine über der Javasee. Das Flugzeug stürzte ins Meer, an Bord außer dem Piloten 181 Passagiere und sieben Crewmitglieder. Sie alle sind höchstwahrscheinlich ums Leben gekommen.

Unmittelbar nachdem die Maschine von den Überwachungsmonitoren verschwunden war, waren Suchtrupps mit Helikoptern und Schiffen zur mutmaßlichen Absturzstelle nordöstlich der indonesischen Hauptstadt Jakarta ausgeschwärmt. Taucher machten sich auf die Suche nach dem Wrack, 300 Soldaten, Polizisten, Fischer und Bergungsfachleute beteiligten sich. Am Montagnachmittag meldeten die Behörden, dass Rettungskräfte erste Leichenteile geborgen hätten.

Die Unfallursache muss nun untersucht werden. Die Vermutung liegt nahe, dass auch technische Mängel eine Rolle spielten. Der Chef der Billigairline Lion Air, Edward Sirait, sagte, dass der Pilot kurz nach dem Start um Erlaubnis gebeten habe, zum Flughafen Jakarta zurückzukehren. Sirait bestätigte, dass die abgestürzte Maschine schon zuvor bei einem Flug von Denpasar nach Jakarta technische Probleme hatte. Weitere Details nannte er nicht.

Daten des Portals Flightradar24 deuten auf ungewöhnliche Flugmanöver gut eine Minute nach dem Start hin. Die Maschine war zunächst auf 2000 Fuß (gut 800 Meter) gestiegen, dann aber in den folgenden 25 Sekunden wieder auf 1500 Fuß gesunken. Anschließend stieg Flug JT610 auf 5000 Fuß (1800 Meter) und blieb auf dieser vergleichsweise geringen Höhe, bis der Kontakt mit der Flugsicherung abbrach. Am Vortag, beim Flug JT43 von Denpasar nach Jakarta, hatte die Maschine nach dem Start und kurzem Steigflug kurzzeitig an Höhe verloren, bevor sie den Flug normal fortsetzte. Sollten allerdings die Messungen der Bordgeräte fehlerhaft gewesen sein, wären auch die Daten von Flightradar24 unrichtig.

Die Maschine vom Typ 737 MAX 8 war erst im August ausgeliefert worden, nach Angaben der indonesischen Flugsicherung hatte sie etwa 800 Flugstunden hinter sich. Die Crew galt als erfahren. Lion Air, 1999 gegründet, ist die größte Billigfluglinie Indonesiens und fliegt mit modernen Jets von Boeing und Airbus hauptsächlich Ziele innerhalb des Landes an. Die Flotte umfasst nach Angaben der Fluglinie derzeit 112 Maschinen. Lion Air machte in den vergangenen Jahren mit einer Reihe von Zwischenfällen Schlagzeilen. Mindestens dreimal kollidierten Maschinen mit anderen Flugzeugen auf dem Rollfeld, Tote gab es nicht. 2013 verpasste eine Maschine auf Bali die Landebahn und brach im flachen Wasser in zwei Teile, alle 108 Menschen an Bord überlebten. 2004 starben bei der Landung einer Lion-Air-Maschine im javanischen Solo 24 Menschen, als die Maschine bei Regen über die Rollbahn hinausschoss.

Indonesische Airlines standen in Europa und den USA lange auf der Schwarzen Liste. Reformen haben die Sicherheit der Maschinen jedoch deutlich verbessert. Indonesien mit seinen mehr als 230 Millionen Einwohnern verzeichnet im Flugverkehr ein rasantes Wachstum, was die Frage aufwirft, ob der gewaltige Bedarf durch ausreichend erfahrene Piloten gedeckt werden kann. Pilot Suneja, der Flug JT610 steuerte, stammt aus Indien.

© SZ vom 30.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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