Erster FKK-Strand in Südafrika:Glotzen verboten

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Anhänger der FKK-Bewegung genießen den Mpenjati-Strand. Der Abschnitt ist der erste Südafrikas, an dem hüllenloses Sonnenbaden offiziell erlaubt ist. (Foto: Rajesh Jantilal/AFP)

Nahe Durban haben Südafrikas Behörden einen Nudisten-Strand genehmigt. Es ist der erste seiner Art auf dem Kontinent - und weltweit einzigartig mit seiner Verhaltensordnung.

Von Isabel Pfaff

Serge Pavlovic trägt nichts außer einer gelben Schirmmütze mit der südafrikanischen Flagge vorne drauf. Der Vorsitzende der Südafrikanischen Nationalen Naturistenvereinigung ist glücklich. "Ein fantastischer Strandtag, viele Leute, keinerlei Probleme, wunderbares Wetter und das Wasser angenehm warm", schwärmt er in einem Video des Infokanals Howzit.

Nacktbaden, zum ersten Mal mit Erlaubnis der Behörden: Pavlovic und etwa hundert weitere FKK-Anhänger haben am Osterwochenende den ersten offiziellen Nudisten-Strand Südafrikas eröffnet, etwa 150 Kilometer südlich der Hafenstadt Durban. Zwar gibt es in Südafrika mehrere Badeorte, wo Nacktheit toleriert wird. Der 500 Meter lange Küstenabschnitt im Naturschutzgebiet Mpenjati ist jedoch der erste offiziell genehmigte FKK-Treffpunkt. Seine Organisation habe deshalb Glückwünsche aus der ganzen Welt erhalten, sagt der Naturisten-Sprecher.

Zwischen plumpen Vorurteilen und rigidem Wertesystem

Nun ist Nacktheit in Afrika ein sensibles Thema - zum einen, weil sie zu den langlebigsten Vorurteilen über den Kontinent gehört und bis heute dazu dient, Afrikaner als unzivilisiert und rückständig darzustellen. Zum anderen, weil mit Kolonialismus und christlicher Missionierung ein rigides Wertesystem in viele afrikanische Länder importiert wurde, das Nacktheit ablehnt und vielerorts bis heute gültig ist. Seit dem Ende der Apartheid sticht Südafrika aber mit seiner jungen, modernen Verfassung aus dem eher konservativen Kontinent heraus. Wenn afrikanische Behörden also FKK-Strände genehmigen, dann hier.

Ganz ohne Zwischenfälle ging der erste textilfreie Tag trotzdem nicht zu Ende. Ein Zusammenschluss von Anwohnern namens "Concerned Citizens Group" (Gruppe besorgter Bürger) versuchte nach Angaben des südafrikanischen Nachrichtenportals Times Live am Ostersamstag, die Nudisten am Betreten des Strands zu hindern. Mike Effanga, Pfarrer und Chef der Gruppe, begründete den Widerstand mit gesetzlichen Mängeln: "Die Leute brechen die Strand-Verordnung!" Die verbiete nämlich unbekleidete Brüste und nackte Schambereiche - solch einen Gesetzesverstoß könne man nicht dulden.

Dabei hat der örtliche Gemeinderat schon im vergangenen Oktober die Genehmigung zum textilfreien Sonnen und Schwimmen auf dem Mpenjati-Küstenabschnitt erteilt. Allerdings, so ein Gemeindesprecher, stehe die finale Genehmigung tatsächlich noch aus, weil es ein paar Einwände gegeben habe. "Die Verspätung heißt aber nicht, dass der Gemeinderat seine Position geändert hat", stellte der Sprecher klar. Man betrachte einen Nacktbadestrand weiterhin als " Tourismus-Katalysator". Und so stoppten die Behörden den Pfarrer und seine besorgten Bürger, die bereits die Polizei an den Strand gerufen hatten. Unter der offiziellen Bezeichnung "Probelauf" durften sich die Nudisten nun ihrer Leidenschaft hingeben.

"Rassismus, Sexismus oder Homophobie" sind verboten

Die Concerned Citizens fürchten dagegen den moralischen Verfall der Gesellschaft. "Südafrika hat so viele Probleme, es ist nicht nötig, auch noch nackte Körper obendrauf zu stapeln", sagte Pfarrer Effanga der Online-Zeitung Daily Maverick. Ein FKK-Strand fördere Prostitution und sexuelle Belästigung. Nudisten-Sprecher Pavlovic lässt diese Einwände nicht gelten. "Die Leute verstehen nicht, dass Naturisten eins mit der Natur sein wollen. Es geht nicht um irgendetwas Sexuelles", sagte er während der Eröffnung. Und verwies stolz auf den Verhaltenskodex, der für den Mpenjati-Strand gilt. "Dies ist der einzige Strand der Welt mit einer Naturisten-Verhaltensordnung." Demnach darf man auf dem FKK-Streifen weder anzügliche Bemerkungen machen noch sexuell aufreizend tanzen. Fotografieren ist verboten, Ferngläser auch - selbst einfaches Glotzen ist untersagt. Beiunvorhergesehenen Erektionen rät der Kodex zur Handtuchbedeckung. Außerdem verboten: "Rassismus, Sexismus oder Homophobie" - schließlich ist das hier das neue Südafrika.

So tugendhaft kommt der neue Strand daher, dass selbst eine Pastorin aus Johannesburg den Weg auf sich genommen hat, um bei der Eröffnung dabei zu sein. Nacktheit , sagte sie Times Live, nehme ihrer Religion überhaupt nichts. Im Gegenteil: "Sie hat mich Gott sogar näher gebracht." Ihren Namen wollte sie dennoch nicht verraten. "Ich muss das hier geheim halten, meine Gemeinde würde es nicht verstehen."

© SZ vom 09.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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