Der erste Corona-Patient Deutschlands hat die Quarantäne in einem Münchner Krankenhaus mit Puzzeln verbracht. Auch sonst erscheint Teilchenlegen als ideale Beschäftigung für Menschen mit wenig Auslauf. Ein Gespräch mit Günter Simetsberger aus Oberösterreich, der einen achttürigen Schrank voller Puzzles besitzt und regelmäßig Puzzleweltmeisterschaften im Internet veranstaltet.
SZ: Herr Simetsberger, auch bei Ihnen gelten zwei Wochen Ausgangsbeschränkung, wie viele Teile verbauen Sie da?
Günther Simetsberger: Gar keine. Ich muss mich dringend um die Steuererklärung und andere Dinge kümmern, die ich schon die ganze Zeit vor mir herschiebe. Dabei liegen hier ein paar schöne Dreitausender. Mein Liebling: Gepard im Wald, aus Polen, sehr schwierig.
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Und wenn die Steuererklärung nicht wäre?
5000 Teile würde ich schon schaffen.
Gut, Sie sind ja auch Profi. Was würden Sie denn einem Neupuzzler für zwei freie Wochen raten?
Die Leute sind ja oft so ambitioniert, fangen mit 2000 oder 3000 Teilen an und sind dann gefrustet, wenn sie keine Ergebnisse sehen. Ich finde, 1000 reichen für den Anfang. Man kann sich ja dann steigern. Und am besten nimmt man ein Cartoon-Puzzle, auf dem viel los ist. Nicht zu viele Flächen in exakt der gleichen Farbe, keine Gemälde, bei denen die Umrisse verschwimmen, keine Wälder.
Ist Puzzeln denn überhaupt das Richtige für die Krise? Man will sich ja nicht noch mehr zermürben.
Doch, das passt. Wenn man sich richtig vertieft, vergehen die Stunden wie Minuten. Man blendet die Welt da draußen aus und schaut nicht ständig in die Nachrichten, das kann ich eh nicht empfehlen. Gegen das Gefühl, beim Puzzeln nicht vorwärts zu kommen, hilft übrigens ein Handzähler.
So ein Ding, auf das zum Beispiel Bahnmitarbeiter klicken, um Fahrgäste zu zählen?
Genau. Ich suche mit der rechten Hand nach passenden Teilen, mit der linken klicke ich jedes Mal, wenn ich eines gefunden habe. Manchmal schaut man abends auf das Puzzle und sieht keinen wirklichen Fortschritt. Der Blick auf den Handzähler verrät dann: 427 Teile geschafft - toll!
Stimmt es, dass man erst den Rand zusammenbauen sollte und dann den Rest?
Es gibt keine Vorgaben, aber 90 Prozent der Leute machen das so. Ich auch.
Haben Sie noch mehr Tricks?
Ich sortiere die Teile nach Farben in Schüsseln. Und dann lege ich zum Beispiel alle roten nach Formen vor mir aus. Es kommt viel mehr auf die Form an, als viele denken, gerade bei schwierigen Motiven! Das Standardteil hat oben und unten ein Kopferl und rechts und links eine Einkerbung. Ich suche also alle Standardteile und lege sie in Reihe nebeneinander wie Zinnsoldaten. Getrennt davon die mit nur einem Kopferl und drei Einkerbungen und so weiter. Wenn ich dann zum Beispiel ein Standardteil mit einem etwas schiefen Kopferl suche, finde ich das in wenigen Sekunden.
Und wenn jemand die Ordnung stört?
Ich gestehe: Genau deshalb puzzle ich am liebsten allein. Aber es kann auch sehr verbindend sein, zu zweit zu werkeln. Weil man ein gemeinsames Ziel hat. Und sich gemeinsam freuen kann, wenn einer ein passendes Teil findet.
Irgendwann ist man dann fertig und stellt sich die Frage: Was macht man jetzt mit anderthalb Quadratmetern "London im Sonnenuntergang"?
Mir bricht jedes Mal ein bisschen das Herz, wenn ich ein Puzzle wieder kaputtmachen muss. Aber meine Wohnung ist nicht groß, deshalb kann ich nicht alle aufheben, aufhängen schon gar nicht. In meiner alten Wohnung hatte ich ein Puzzle mit 33 600 Teilen gerahmt im Wohnzimmer hängen. Eine Dschungelszene, Löwen, Lianen, Giraffen. 115 Tage habe ich daran gearbeitet. Die Nachmieterin hat ein Kind, und das wollte das Puzzle unbedingt behalten. Gott sei Dank! Ich hätte nicht gewusst, wie ich das hätte transportieren sollen.
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