Sparkasse um Millionenbetrag geprellt:"Robina Hood von Riesa"

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Sherwood Forest in Sachsen: Eine Bankangestellte vergibt eigenmächtig Kredite. Nicht etwa aus Gründen der Selbstbereicherung, sondern weil sie bedürftigen Kunden ihrer Sparkasse helfen wollte. Folge: ein Schaden in Millionenhöhe. Jetzt wurde das Urteil über die vom Boulevard als "Robina Hood von Riesa" bezeichnete Frau gefällt.

Es klingt wie eine filmreife, moderne Version von Robin Hood: Eine Bankangestellte möchte ihren Kunden aus finanziellen Nöten helfen - doch die Chefetage verwehrt schon zugesagte Darlehen wegen mangelnder Kreditwürdigkeit. Also eröffnet die Frau fingierte Kundenkonten und zahlt über diese Geld aus. Um ihre Transaktionen zu decken, bedient sie sich an den Ersparnissen wohlhabender Kunden.

Eine Bankangestellte aus dem sächsischen Riesa verteilte 15 Jahre lang eigenmächtig Darlehen an nicht kreditwürdige Kunden - sich selbst überwies Manuela T. jedoch keinen Cent. (Foto: dapd)

15 Jahre lang hielt Manuela T. dieses System aufrecht - und niemand kam der Finanzkauffrau auf die Schliche. Nicht die Sparkasse in Riesa, bei der sie angestellt war, und auch nicht die Kunden, an deren Vermögen sich die Bankerin vergriff: Weil sie der Bild-Zeitung zufolge hauptsächlich Abbuchungen von Sparbüchern vornahm, fielen die fehlenden Beträge nicht weiter auf.

"Die Kunden wollten Kredite"

Erst Anfang 2009 war Schluss: Bei einer bankinternen Revision kam alles heraus. Manuela T. wurde entlassen und wegen Untreue, Urkundenfälschung und Steuerhinterziehung angeklagt.

Im Prozess vor dem Amtsgericht Dresden ging es dann um 70 Fälle zwischen 2005 und 2009 - diese sollen jedoch nur die "Spitze eines Eisbergs" sein, wie die Sächsische Zeitung den Vorsitzenden Richter zitiert. Weitere Taten sind demnach bereits verjährt. Doch allein im verhandelten Zeitraum entstand der Sparkasse Riesa durch die Taten der Kundenbetreuerin - die dem Blatt zufolge 2005 sogar zur Regionalbereichsleiterin befördert wurde - ein Schaden von 1,3 Millionen Euro.

Vor Gericht schilderte die 46-Jährige, wie sie in den betrügerischen Strudel hineingeriet: "Die Kunden wollten Kredite. Ich habe dies mit meinen Vorgesetzten abgesprochen und den Kunden zugesagt. Doch plötzlich hieß es: nein", zitiert die Zeitung aus dem Geständnis der Angeklagten. "Ich war im Zwiespalt und wollte helfen." Deshalb habe sie angefangen, eigenmächtig Darlehen zu vergeben.

Dass T.s Betrügereien nicht auffielen, lag offenbar auch an mangelnden Kontrollmechanismen in der Sparkasse. Die Bankerin konnte Buchungen alleine vornehmen - das übliche Vier-Augen-Prinzip sei in der Riesaer Filiale nicht praktiziert worden, berichtet die Sächsische Zeitung unter Berufung auf einen Ermittler. Die Bank habe dies mit "Zeitnot" begründet.

Der Ermittler bestätigte, dass sich die Beschuldigte - die von der Boulevardpresse den Spitznamen "Robina Hood von Riesa" verliehen bekam - nie selbst bereichert habe. "Sie lebt in einem renovierungsbedürftigen Haus", sagte der Beamte demzufolge aus. T. selbst erklärte, sie sei erleichtert gewesen, als alles aufflog: "Es war mir selbst ein Rätsel, dass es so lange ging. Ich war froh, als es vorbei war."

Gestern verurteilte das Amtsgericht Dresden die 46-Jährige zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe auf Bewährung und Sozialstunden. Inwiefern sich das edle Motiv strafmildernd auswirkte, ist nicht bekannt.

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