Schönheitsoperationen:Frauen, die ihren alten Körper zurückwollen

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Vorher - nachher: Crystal Hefner, die Gattin von Playboy-Gründer Hugh Hefner, entschied sich nach acht Jahren mit Körbchengröße D, zu ihrem natürlichen Aussehen zurückzukehren. Ihr Ziel: "Mein wahres Ich umarmen und zu lieben." (Foto: Screenshot Instagram)

Prominente wie Crystal Hefner lassen ihre per Silikon vergrößerten Brüste wieder verkleinern. Auf der Suche nach dem wahren Ich - und aus Angst vor Krankheiten.

Von Christina Berndt

Erst hat sie noch Witze darüber gemacht, schrieb sie auf Instagram: Sie habe halt schon altersbedingten Gedächtnisverlust, mit 30, und werde etwas träge. Aber dann hörte Crystal Hefner auf zu witzeln. Sie war mehr und mehr davon überzeugt, dass es ihre unübersehbaren Brustimplantate waren, die ihr nunmehr unübersehbare Probleme bereiteten. Probleme mit der Erinnerung, mit dem Rücken, mit Allergien und Müdigkeit. Raus damit, dachte sie von da an nur noch, "ich will meinen alten Körper zurück". Im Juni machte sie Ernst.

Seither trägt die Gattin des Playboy-Gründers Hugh Hefner, 90, wieder BHs der Körbchengröße A, maximal B, und nicht mehr, wie in den acht Jahren seit ihrer Brustvergrößerung, D. Die Implantate, so meint Crystal Hefner, hätten ihr zwar ihren reichen Gatten beschert, der sonst wohl nicht auf sie aufmerksam geworden wäre, aber eben auch zahlreiche Krankheitssymptome. Sie hätten sie "langsam vergiftet", so die 30-Jährige, nun beginne ein besseres Leben. Ihr Ziel: "Mein wahres Ich zu umarmen und zu lieben."

Große Brüste als "Arbeitskleidung"

Liebevolles Umarmen des natürlichen Selbst, auch wenn es da wenig zu umarmen gibt - das ist der neue Trend in Hollywood, den in diesen Tagen auch die US-Tänzerin Sara Mills, Kandidatin für das "Supertalent", in der Bild ausbreitet: Zu Tausenden lassen amerikanische Frauen ihre Brustimplantate wieder herausnehmen, Hollywood schrumpft auf Normalmaß. Sie habe ihre Implantate immer nur als "Arbeitskleidung" angesehen, sagt Mills. "Gut fühlte ich mich dabei nicht."

Ob Crystal Hefner, Sara Mills, Serienstar Yolanda Hadid ("The Real Housewives of Beverly Hills") oder auch die Schauspielerin Melissa Gilbert: Da nach amerikanischem Kultur-Skript auch Abschiede willkommen geheißen werden müssen, wird dies auch im Fall von Silikonkissen ausgiebig getan. "Ich wurde gezwungen, mein authentisches Selbst zu ehren, und besitze es nun voller Respekt", schrieb Yolanda Hadid, die sich nach einer Krankheit von ihren künstlichen Brüsten trennte.

Wie Hefner wollen die Frauen mit ihren Implantaten aber nicht nur ihr Ich finden, sondern mit ihren Implantaten meist vermeintliche medizinische Beschwerden loswerden (Mills: "Ich hatte chronische Infektionen, Allergien und Probleme, mich zu konzentrieren") - oder die Angst davor. In US-Magazinen ist von einer angeblichen "Breast Implant Illness" die Rede, der Brustimplantatekrankheit, die Zahl der Herausnahmen stieg der American Society of Plastic Surgeons zufolge seit 2010 um zehn Prozent.

Die Implantate, sagt Crystal Hefner, hätten ihr zwar ihren reichen Gatten beschert, aber eben auch zahlreiche Krankheitssymptome. (Foto: Elayne Lodge/Reuters)

Victoria Beckham reduzierte ihr Doppel-D schon 2009

Zwar lassen sich pro Jahr immer noch rund 300 000 Amerikanerinnen Kissen mit Silikon oder Salzlösung unter die Brustdrüsen schieben, doch die Zahl derjenigen, die sich von ihren Implantaten verabschiedeten, lag im Jahr 2014 bei fast 24 000. Für Deutschland gibt es keine verlässlichen Zahlen. "Ein Trend ist für uns nicht erkennbar", sagt Raymund Horch, Präsident der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen. Mitunter kämen Frauen zu ihm, die ihre Kissen loswerden wollen, weil sie die ohnehin nur ihrem Mann zuliebe getragen hätten, von dem sie jetzt geschieden sind. Andere haben sich nie mit den Fremdkörpern anfreunden können. "Aber das sind Einzelfälle", sagt Horch.

Die Zeiten, da vor allem Magazine wie Hefners Playboy Frauen zeigten, wie sie nackt am besten auszusehen haben, haben einst die Schönheitschirurgie angeheizt. Aber auch der neue Trend zur Implantate-Explantation hat etwas mit Mode zu tun: In einer Zeit, in der Fitness und nicht Kurvenreichtum als anziehend gilt, ist weniger oft mehr. Nicht überraschend daher, dass die britische Stilikone und Trendsetterin Victoria Beckham ihr künstliches Doppel-D schon 2009 auf ein bescheideneres B reduzierte, bevor sie ihre Oberweite 2013 dann offenbar ganz auf Normalmaß schrumpfen ließ.

Zu Modetrends kann Chirurgenpräsident Horch nicht so viel sagen, die Geschichte von der Implantatekrankheit aber hält er für Spekulation. Auch seine amerikanischen Fachkollegen äußerten sich zu den Rückschnitten von Crystal Hefner & Co. eher in dem Sinne, dass die Gefahr von Gesundheitsproblemen durch Implantate heiße Luft sei, so aufgebläht wie ein Doppel-D. "Skandale wie der um das Industrie-Silikon in den Implantaten der Firma PIP werfen natürlich ein schlechtes Licht auf die Branche", sagt Horch, "aber die Risiken, die mit seriösen Brustimplantaten einhergehen, sind sehr gering."

"Auf den Kissen kann man rumspringen", sagt der Chirurg

Dass sich die Implantate abkapseln, komme öfter mal vor. Aber Risse? Bei der neuesten Generation eine Seltenheit, sagt Horch: "Auf den Kissen kann man rumspringen, ohne dass etwas passiert. Das zeige ich Patientinnen auch manchmal." Komplikationen seien allerdings vorherzusehen, wenn zu große Implantate gewählt werden. "Das ist eine ganz einfache Formel", so der Professor vom Universitätsklinikum Erlangen, "je größer das Implantat, desto größer das Problem." Zudem können Kissen, die nicht ordnungsgemäß eingesetzt werden, verrutschen. Aber auch für fachgerechte Schönheitsarbeiten gilt: "Wer ein Implantat hat, muss immer damit rechnen, dass er im Laufe des Lebens nachoperiert werden muss", sagt Horch. Laut der US-Arzneimittelbehörde FDA muss jede fünfte Frau ihre Implantate binnen zehn Jahren entfernen lassen.

Wenn sich Frauen bei der Gelegenheit für den endgültigen Abschied von ihrer erweiterten Oberweite entscheiden, ist das chirurgisch kein großes Ding: Die Kissen werden durch dieselbe Naht entfernt, durch die sie einst eingesetzt wurden. Und da das Skalpell ohnehin schon geführt wird, werden meist auch gleich ein paar Straffungen vorgenommen. Selbst wenn der Trend zum Minimalismus also bald nach Deutschland kommt: Die Chirurgen werden weiter gut zu tun haben.

© SZ vom 28.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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