Schießerei an jüdischer Schule:Ermittler prüfen terroristisches Motiv hinter Toulouse-Morden

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Vor einer jüdischen Schule im südfranzösischen Toulouse hat ein Unbekannter drei Kinder und einen Erwachsenen erschossen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun wegen des Verdachts auf Terrorismus. Die Bluttat könnte im Zusammenhang mit zwei Attentaten auf Soldaten in der vergangenen Woche stehen. Präsident Sarkozy sprach am Tatort von einer "nationalen Tragödie".

Bei einem Angriff auf eine jüdische Schule in der südfranzösischen Stadt Toulouse sind drei Kinder und ein Lehrer erschossen worden. Der Täter gab die Schüsse von einem Motorrad aus ab und flüchtete unerkannt. Möglicherweise gibt es zwischen der Tat und zwei Anschlägen auf Soldaten in der Region einen Zusammenhang. Auf Terrorermittlungen spezialisierte Staatsanwälte haben Ermittlungen zu den Fällen aufgenommen.

Der Anschlag ereignete sich gegen acht Uhr morgens vor der Schule Ozar Hatorah in Toulouse. Staatsanwalt Michel Valet sagte, der Täter habe auf alle Personen in seiner Nähe geschossen. Kinder seien von ihm in die Schule gejagt worden. Den Angaben zufolge kamen ein 30-jähriger Hebräischlehrer, seine beiden Kinder im Alter von drei und sechs Jahren sowie ein weiteres Kind ums Leben. Ein Opfer im Alter von 17 Jahren sei angeschossen und ins Krankenhaus gebracht worden.

Den Ermittlungen zufolge benutzte der Angreifer ein großkalibriges Gewehr und eine weitere Waffe. Der Radiosender Europe1 und die Nachrichtenagentur AFP berichten übereinstimmend - doch ohne Angabe ihrer Quellen -, dass diese Waffe auch bei den beiden anderen Attentaten im Großraum Toulouse in diesem Monat verwendet worden sei.

Sarkozy: "Nationale Tragödie"

Der französische Präsident Nicolas Sarkozy sprach am Tatort von einer "nationalen Tragödie". Der konservative Politiker, der gerade um seine Wiederwahl kämpft, sagte alle Termine ab und machte sich auf den Weg nach Toulouse. Sein sozialistischer Widersacher François Hollande sprach von einer antisemitischen Tat. Der Sprecher seiner Partei hatte zuvor gesagt, der Wahlkampf werde aus Respekt vor dem Opfern vorerst ausgesetzt.

Die kleine Privatschule, an der etwa 200 Schüler eingeschrieben sind, liegt in einem wohlhabenden Viertel der Stadt Toulouse, die international als wichtiger Standort des Flugzeugbauers Airbus bekannt ist. Weinende Eltern suchten am Morgen vor der Schule nach ihren Kindern. "Ich habe zwei Tote vor der Schule gesehen, ein Erwachsener und ein Kind", sagte ein Vater dem Hörfunksender RTL. In dem Gebäude hätten die Körper von zwei Kindern gelegen. "Es war ein Bild des Grauens."

Die Tat gilt als einer der brutalsten Anschläge auf eine jüdische Einrichtung seit drei Jahrzehnten, als ein mutmaßlich palästinensisches Überfallkommando im jüdischen Viertel in Paris in einem Restaurant sechs Menschen tötete. Sarkozy erklärte, ganz Frankreich sei von dem schrecklichen Drama berührt. Der Politiker erklärte zwar, es gebe Parallelen zwischen dem Anschlag auf die Schule und Angriffen auf Soldaten. Man benötige aber noch mehr Einzelheiten von den Ermittlern, um diese These zu bestätigen.

Weitere Attentate im Großraum Toulouse

Bereits vor den Schüssen an diesem Montag waren 50 Ermittler im Einsatz, um einen Anschlag auf Soldaten am Donnerstag in der Stadt Montauban, etwa 50 Kilometer von Toulouse entfernt, aufzuklären. Die drei uniformierten Männer im Alter zwischen 24 und 28 Jahren wollten in der Nähe ihrer Fallschirmjägerkaserne Geld abheben, als auf sie geschossen wurde. Zwei wurden getötet, der dritte schwer verletzt. Am Wochenende davor war ein 30-jähriger Soldat in Toulouse erschossen worden. In beiden Fällen wurde nach Angaben der Ermittler dieselbe Waffe benutzt. Nach Sarkozys Worten war einer der getöteten Männer karibischer Herkunft, die beiden anderen waren Muslime.

Die Spekulationen über den Mörder reichen von einem traumatisierten Afghanistan-Soldaten über einen rassistischen Hintergrund bis hin zu einem verrückten Waffennarren, der mit der Armee eine offene Rechnung begleichen wolle. Selbst der 50. Jahrestag des Evian-Abkommens, das das Ende des blutigen französischen Kolonialkrieges in Algerien einleitete, wurde als mögliches Motiv in Erwägung gezogen. Das Magazin Le Point berichtet, 2008 seien drei Soldaten wegen ihrer Nähe zu einer Neonazi-Bewegung aus dem 17. Regiment der Fallschirmjäger in Montauban entlassen worden - angeblich eine erste Spur der Ermittler.

Der französische Oberrabbiner Gilles Bernheim zeigte sich erschüttert über die Bluttat: "Ich bin entsetzt über das, was sich heute Morgen vor der jüdischen Schule in Toulouse ereignet hat", sagte er. Das in Brüssel ansässige Rabbiner-Zentrum für Europa (Rabbinical Centre of Europe, RCE) verurteilte die Tat in einer Erklärung als "Barbarei". Die jüdische Gemeinschaft lasse sich nicht einschüchtern.

Der Angriff auf die Schule rief auch im Ausland Bestürzung hervor. Außenminister Guido Westerwelle sprach Eltern, Freunden und Angehörigen sein Mitgefühl aus. Auch ein Sprecher des israelischen Außenministeriums zeigte sich schockiert. Frankreich hat mit mehr als 500.000 Mitgliedern die größte jüdische Gemeinde in Westeuropa, Toulouse hat etwa 20.000 jüdische Bürger.

© Süddeutsche.de/dpa/dapd/AFP/jobr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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