Baden-Württemberg:Schneepflug im Sommer

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Ein Unwetter in Reutlingen hat die Straßen mit einer Schicht aus Hagel überzogen. (Foto: Schulz/dpa)

Auf den ersten Blick sieht es aus wie eine Schneedecke. Nach einem lokalen Unwetter ist die Stadt Reutlingen in Baden-Württemberg weiß vom Hagel.

Der Anblick löst winterliche Gefühle mitten im Hochsommer aus: Am Freitagnachmittag hat ein Gewitter der Stufe zwei die Innenstadt von Reutlingen in Baden-Württemberg mit einer 30 Zentimeter hohen Hagel-Schicht überzogen. Auf den ersten Blick wirkte es, als lägen die Straßen unter einer dicken Schneedecke.

Für einen kurzen Moment habe man einen Megasturm befürchtet, wie jenen, der vor rund zehn Jahren große Teile des Landkreises verwüstet hatte, schreibt der Reutlinger General-Anzeiger. Doch nach etwa einer Viertelstunde sei klar gewesen: So schlimm war es diesmal nicht. Die Technischen Betriebsdienste rückten dann auch tatsächlich mit Schneepflügen an, um die Straßen freizuräumen, wie eine Stadtsprecherin mitteilte.

Das Unwetter ereignete sich gegen 16.15 Uhr und war lokal begrenzt, wie Wetterdaten zeigen. Laub und der Hagel hätten binnen Minuten die Abflussschächte verstopft und Wasser sei in Tiefgaragen, Keller und Wohngebäude geströmt, sagte die Sprecherin.

Einsatz im August: Mit dem Schneepflug gegen Hagel. (Foto: Schulz/dpa)

Zunächst rückten etwa 250 Einsatzkräfte der Berufsfeuerwehr und alle Abteilungen der Freiwilligen Feuerwehr zu etwa 100 Einsätzen aus. Der Pegel der Echaz stieg in fünf Minuten um 1,50 Meter an und trat kurzfristig im Stadtteil Betzingen über die Ufer.

"Die ersten Einsätze waren eingeschlossene Personen im Auto, weil sie aufgrund des Hagels nicht mehr wegfahren konnten oder die Türen nicht mehr aufbekamen", sagte ein Sprecher der integrierten Leitstelle am Samstagvormittag. Die Feuerwehr habe daraufhin am Nachmittag Autotüren freigeschaufelt und die Betroffenen befreit. Verletzte habe es keine gegeben - auch Schäden an Fahrzeugen oder an Dächern von Gebäuden seien keine festgestellt worden.

Nach dem Unwetter wurde nun insgesamt ein erleichtertes Fazit gezogen: "Alles im grünen Bereich, kein erhöhtes Unfallaufkommen, keine Unwetter-bedingten Einsätze", zitiert der General-Anzeiger einen Sprecher des Reutlinger Polizeipräsidium. "Es gab einen Fehlalarm, der dem Gewitter geschuldet war, das war's."

Deutscher Wetterdienst: "Nicht außergewöhnlich"

Mittlerweile hat auch der Deutsche Wetterdienst (DWD) das Ereignis eingeordnet. Ein Meteorologe sagte am Vormittag in Stuttgart, es habe sich um eine vergleichsweise kleine Unwetterzelle gehandelt, die sich erst kurz vor Reutlingen gebildet hatte. Weil sie sich aber nur langsam bewegte, sei innerhalb kürzester Zeit viel Hagel auf die Stadt geprasselt. Die Körner hätten eine Größe von bis zu 1,8 Zentimeter Durchmesser gehabt.

Der DWD-Meteorologe ordnete das Unwetter als "nicht außergewöhnlich" ein, wenngleich die Bilder eindrücklich gewesen seien. Hingegen sei es "nicht alltäglich", dass "es eine Stadt wie Reutlingen trifft", sagte der Experte. Wäre das Unwetter ein paar Kilometer weiter auf dem freien Land niedergegangen, hätte es wohl keine solche Aufmerksamkeit bekommen. Etwa auf Wiesen und Äckern würden solche Regen- und Hagelmassen schneller abfließen als in einer bebauten Stadt.

© SZ/dpa/nadl/infu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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