Mordprozess in Wuppertal:Springmann-Enkel zu lebenslanger Haft verurteilt

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Der freigesprochene Mitangeklagte auf dem Weg in den Wuppertaler Gerichtssaal (Archivbild) (Foto: Henning Kaiser/dpa)
  • Benjamin S., Enkel des getöteten Unternehmerpaars Springmann, ist in Wuppertal zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden.
  • Das Gericht spricht ihn wegen Totschlags und Mordes schuldig und stellt die besondere Schwere der Schuld fest.
  • Eine Schuld des Mitangeklagten sieht die Kammer hingegen nicht als erwiesen an.

Ein Mammutverfahren mit mehr als 40 Verhandlungstagen ist vor dem Wuppertaler Landgericht mit einem überraschenden Urteil zu Ende gegangen. Im Prozess um den gewaltsamen Tod des Unternehmerpaars Enno und Christa Springmann ist der angeklagte Enkel des Paares zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das war von Prozessbeobachtern erwartet worden. Außerdem stellte die Kammer die besondere Schwere der Schuld fest. Der 46-jährige Mitangeklagte, Ioannis P., jedoch wurde überraschenderweise freigesprochen.

Es sei nicht erwiesen, dass P. zum Tatzeitpunkt am Tatort gewesen sei, heißt es im Urteil. Seine im Schlafzimmer des Großvaters sichergestellte DNA könne darauf hinweisen, dass er später hinzugekommen sei. Bei Benjamin S., dem Enkel, ist das Gericht hingegen davon überzeugt, dass er zum Tatzeitpunkt im Haus der Großeltern gewesen und an der Tat beteiligt gewesen sei. Er wurde nun wegen Totschlags an seinem Großvater und Mordes an seiner Großmutter verurteilt.

Als Motiv hatte die Staatsanwaltschaft dem Duo Habgier unterstellt. Benjamin S. habe die großzügigen Zuwendungen seiner Großeltern verprasst, anstatt zu studieren. Er "prahlte gern, glaubte etwas besonderes zu sein, definierte sich über Markenklamotten und später über sehr teure Autos", so Richter Robert Bertling über Benjamin S. Der 91-jährige Enno Springmann sei dahintergekommen, dass sein Enkel ihn belogen habe. Der 26-Jährige habe daraufhin befürchtet, enterbt zu werden. Die zwei Angeklagten hätten die Eheleute deswegen in ihrer Villa niedergeschlagen und erdrosselt, um an das Erbe in zweistelliger Millionenhöhe zu kommen. Anschließend hätten sie die Villa verwüstet, um das Geschehen wie einen Überfall wirken zu lassen.

Benjamin S. gab an, seine Großeltern hätten noch gelebt, als er die Villa am Tag des Todes der Großeltern verlassen habe. Allerdings fanden sich im Auto des Enkels Blutspuren der 88-jährigen Großmutter. Die Verteidigung hatte auf Freispruch für beide Angeklagten plädiert. Das Profil eines kaltblütigen Killers passe nicht zum Enkel, so seine Anwälte.

Das Gericht widersprach in seinem Urteil sogar der Darstellung der Staatsanwaltschaft, der Enkel habe aus reiner Habgier gehandelt. Die Kammer zeigte sich davon überzeugt, dass sich der Enkel im Streit mit seinem Großvater aus Wut und Verzweiflung entschloss, ihn zu töten. Damit sei kein Mordmerkmal erfüllt. Um diesen Totschlag zu verdecken, tötete er seine Großmutter, indem er ihr schwere Kopfverletzungen zufügte und sie anschließend erdrosselte. Das mache die Tat zu einem Mord.

Die beiden Angeklagten nahmen das Urteil regungslos hin, während die Mutter des 26-Jährigen in Tränen ausbrach und rief: "Das können Sie nicht machen."

"Das war mein letzter Prozess", sagte Richter Bertling zum Ende der Urteilsbegründung. Er geht in den Ruhestand. Dann spielen sich vor dem Gerichtsgebäude Szenen ab, die unterschiedlicher kaum sein könnten: Während der Freigesprochene von seinen Angehörigen gefeiert und umarmt wurde, weinten die Angehörigen des Enkels und der Opfer wenige Meter entfernt, wie die Deutsche Presse-Agentur berichet.

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