Prozess in Kansas:Samenspender soll Vater werden

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Er hat einem lesbischen Paar sein Sperma gespendet - vier Jahre später soll er plötzlich für den Unterhalt seiner leiblichen Tochter aufkommen. Der US-Amerikaner William Marotta kämpft vor Gericht für seine Rechte als Samenspender.

Von Felicitas Kock

David Wozniak bekommt es im kanadischen Film "Starbuck" mit der Angst zu tun, als er erfährt, dass durch seine Samenspenden mehr als 500 Kinder gezeugt wurden - und dass 142 von ihnen ein Kennenlernen mit ihrem biologischen Vater erzwingen wollen. Die Geschichte um den chaotischen Samenspender zog 2012 Millionen Zuschauer in die Kinos. Mit viel Humor näherte sich der Film der Frage an: Was passiert, wenn ein Mann, der Samen gespendet hat, mit seinen leiblichen Kindern konfrontiert wird?

Wie wenig humorvoll diese Frage im realen Leben beantwortet werden kann, zeigt nun der Fall des US-Amerikaners William Marotta. Der 46-Jährige sollte ursprünglich an diesem Dienstag vor Gericht um sein Recht als ehemaliger Samenspender kämpfen. Kurzfristig wurde der Prozessbeginn jetzt auf 9. April verschoben. Als Grund gab das Gericht Terminprobleme an. Marotta wird dabei keinen Heerscharen von Kindern gegenüberstehen. Es geht nur um ein dreijähriges Mädchen, um dessen lesbische Mütter, und um die Familienbehörde des US-Bundesstaates Kansas. Die Behörde will Marotta als Vater des Mädchens anerkennen lassen und dadurch zu Unterhaltszahlungen verpflichten.

Aber von vorne.

William Marotta spendet sein Sperma 2009 einem lesbischen Paar, nachdem er ein Gesuch der beiden Frauen auf der Online-Plattform Craigslist gelesen hat. Angela Bauer und Jennifer Schreiner sind zu dem Zeitpunkt acht Jahre zusammen und haben bereits mehrere Kinder adoptiert - die perfekten Eltern, wie es scheint.

Kein Name, keine finanzielle Unterstützung

Doch kurz nachdem Schreiner ein kleines Mädchen zur Welt bringt, trennt sich das Paar. Sie sorgen weiterhin gemeinsam für die Kinder - bis Bauer schwer erkrankt und ihren Job aufgeben muss. Weil die Krankheit schnell auch zur finanziellen Belastung wird, wenden sich die Frauen an den Staat.

Das Amt für Kinder und Familien (Department for Children and Families, DCF) will zunächst den Namen des Samenspenders wissen. Kein Name, keine finanzielle Unterstützung, heißt es. Derart unter Druck gesetzt gibt Schreiner die Information heraus. Unmittelbar danach meldet sich die Behörde bei Marotta und fordert ihn auf, Unterhalt für seine Tochter zu zahlen.

Der Knackpunkt: Marotta und das Paar haben vor der Samenspende ein Dokument unterzeichnet, das den Spender von allen elterlichen Rechten und Pflichten entbindet. Dass er nun Unterhalt zahlen soll, empfindet der 46-Jährige daher als besonders ungerechtfertigt. Auch die beiden Frauen beklagen die Forderungen als abwegig. "Wir werden ihn unterstützen, egal was er unternehmen will", sagten sie der lokalen Zeitung The Topeka Capital-Journal.

Doch der Staat weigert sich, das Dokument anzuerkennen. Laut einer Behördensprecherin ist es notwendig, dass Samenspende und -empfang durch einen zugelassenen Arzt durchgeführt werden. Nur dann sei der Spender offiziell von seinen Vaterpflichten befreit. Wenn die Befruchtung dagegen privat stattfinde, wie im Fall des lesbischen Paars, "bleibt die Frage, wer der Vater des Kindes ist".

Die Anwälte Marottas betrachten das Gesetz als veraltet, in mehreren anderen US-Bundesstaaten gebe es bereits Regelungen, die einen Samenspender grundsätzlich von der Elternschaft befreien. Andere Juristen sagen, Marotta habe sich selbst in eine rechtlich schwierige Lage manövriert, indem er der privaten künstlichen Befruchtung zustimmte. Jetzt soll der Fall vor Gericht geprüft werden.

Marotta wehrt sich hartnäckig gegen das Vorgehen des Staates. Bereits vor Beginn des Prozesses hat er Tausende Dollar in rechtlichen Beistand investiert. Ein Spendenkonto wurde eingerichtet, das dem gelernten Mechaniker helfen soll, die Ausgaben für den Rechtsstreit zu bewältigen.

Für Marotta reicht die Angelegenheit weit über sein persönliches Schicksal hinaus. Die Themen, um die es geht, stehen im Kreuzfeuer öffentlicher Debatten: Homo-Ehe, Samenspende, Adoptionsrecht. "Wir leben in einem von den Republikanern dominierten Bundesstaat, ich denke es geht hier auch um Politik", sagt Marotta dem Topeka Capital-Journal. Er warnt davor, dass die Zahl der Samenspender durch den Fall zurückgehen könnte. Sollte das Gericht dem Staat Kansas recht geben, könnte dieser Rückgang drastisch ausfallen.

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