Prozess in Baden-Württemberg:Phantasien von Missbrauch und Mord

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Drei Männer chatteten darüber, wie sie zwei Frauen und ein Kind missbrauchen und dann umbringen würden. Von heute an müssen sie sich im baden-württembergischen Ellwangen vor Gericht verantworten. Die Frage: Hatten die Angeklagten vor, ihre perverse Phantasie in die Tat umzusetzen?

Von Max Hägler, Stuttgart

Gegen Mitternacht beginnen die rotlichternen Stunden im deutschen Privatfernsehen. Nackte, stöhnende Menschen werben für Befriedigung diverser Phantasien, eingeblendet werden Telefonnummern und Internetadressen. Diese Medienumgebung war wohl der Ausgangspunkt für drei Männer aus Baden-Württemberg, Bayern und Westfalen, die sich im Internet und via Handy zu einem brutalen Sexverbrechen verabredet haben sollen: Dafür wollten sie zwei Frauen und ein Kind entführen.

An diesem Montag verhandelt das Landgericht im schwäbischen Ellwangen gegen die Angeklagten.

Den Ermittlern zufolge hatten sich die drei nachts im Chat eines Privatsenders kennengelernt. In der Online-Welt tauschten sie Phantasien aus, wie sie die Frauen und das Kind erst missbrauchen und dann umbringen würden.

Mitwisser meldete sich bei der Polizei

Im Sommer dieses Jahres sollte aus der perversen Phantasie tödlicher Ernst werden: Die Nachbarin eines der mutmaßlichen Täter wollten sie entführen, außerdem dessen ehemalige Lebensgefährtin und deren Kind. Danach, so sieht es die Staatsanwaltschaft, wollten sie ihre Opfer in die Münchner Wohnung eines der Angeklagten bringen und töten.

Ein vierter Mann, der anfangs wohl noch mitgechattet hatte, meldete sich dann kurz vor der geplanten Tat bei der Polizei. Am 28. Juni wurden die Chatfreunde festgenommen, alle sitzen seitdem in Untersuchungshaft. In ihrem Besitz fand die Polizei zahlreiche kinderpornografische Bilder und Videos. Sie hätten Sexphantasien ausgetauscht, das bestreiten die Männer offenbar nicht. Aber sie hätten nie ernsthaft die Entführung, Vergewaltigung und Ermordung ihrer Opfer geplant gehabt.

Die Unterscheidung zwischen nicht strafrechtlich relevanten Phantasien, so brutal sie sein mögen, und einer konkreten, strafbewehrten "Verabredung zum Verbrechen" wird die Herausforderung für das Gericht in Ellwangen werden.

Der bekannteste Fall einer online verabredeten und dann verwirklichten Tat ist die des "Kannibalen von Rotenburg". Er hatte im Internet einen Mann gefunden, der sich von ihm schlachten und verspeisen lassen wollte.

In einem anderen Fall hatte der Bundesgerichtshof im vergangenen Jahr das Urteil gegen einen Mann aufgehoben, der seinen Sohn im Internet zum Missbrauch feilgeboten hatte - unter anderem, weil die Verabredung mit einem anderen mutmaßlichen Täter keinen "bindenden" Charakter gehabt habe. Der Mann wurde dann doch noch zu fünfeinhalb Jahren Gefängnis verurteilt, weil ihm in einem weiteren Verfahren konkrete Verbrechensplanungen nachgewiesen wurden.

Auch die Ankläger in Ellwangen gehen davon aus, dass das Trio keinen perversen Scherz trieb, sondern Ernst machen wollte. Dem Vernehmen nach soll etwa mindestens einer der drei die Adresse eines möglichen Opfers ausspioniert haben.

Es drohen langjährige Haftstrafen.

© SZ vom 17.12.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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