Prozess gegen Kino-Amokläufer Holmes:"Er ist kein Monster, er ist ein Mensch"

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Als James Holmes 2012 erstmals vor Gericht erschien, legte er einen befremdlichen Auftritt als "Joker" hin. (Foto: AFP)
  • Am Dienstag beginnt der Prozess gegen den Kino-Amokläufer James Eagan Holmes. Die Staatsanwaltschaft fordert die Todesstrafe.
  • Die Anklageschrift umfasst 166 Punkte. Holmes muss sich wegen Mordes, Mordversuchs und Sprengstoffbesitzes verantworten.
  • Der damals 24-Jährige hatte am 20. Juli 2012 mit einem Sturmgewehr die "Batman"-Premiere in Aurora gestürmt. Dabei starben zwölf Menschen. 70 wurden verletzt.
  • Bereits vor der Tat war Holmes bei einer Psychiaterin. Nun wird es auch um die Frage gehen, ob er zum Zeitpunkt des Amoklaufs zurechnungsfähig war.

Von Katrin Langhans

Eigentlich wollten sich die Kinobesucher in Aurora, einem Vorort von Denver, nur die Premiere des Batman-Films "The Dark Knight Rises" ansehen. Doch der Kinoabend endete als Drama. Ein schwarz gekleideter Amokläufer stürmte den Saal, warf Rauchbomben, schoss wild um sich und tötete zwölf Menschen, 70 wurden verletzt.

Zweieinhalb Jahre ist das her. Am Dienstag beginnt der Prozess gegen den mutmaßlichen Täter James Eagan Holmes. Im Zentrum wird dabei die Frage stehen, ob der heute 27-Jährige zum Zeitpunkt der Tat zurechnungsfähig war oder psychisch krank. Die Anwälte von Holmes fordern, dass er aufgrund seiner psychischen Verfassung nicht schuldig gesprochen wird, die Staatsanwaltschaft fordert die Todesstrafe. Die darf in den USA einem Urteil des Obersten Gerichtshofs zufolge nur dann verhängt werden, wenn der Täter den Zusammenhang zwischen seiner Tat und dem Todesurteil versteht.

Der Prozess wird sich wohl über Monate ziehen. Die Anklageschrift umfasst 166 Punkte. Holmes muss sich wegen Mordes, Mordversuchs und Sprengstoffbesitzes verantworten. Das Verfahren beginnt zunächst mit der Auswahl der 24 Geschworenen unter 9000 Anwärtern. "So ein Geschworenengericht hat es in der Geschichte von Colorado noch nie gegeben", sagte Craig Silverman, Strafverteidiger und Rechtsexperte der Los Angeles Times.

Holmes war ein begabter Student

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft verfügte Holmes über ein Waffenarsenal, mit dem er alle Zuschauer im Kinosaal hätte töten können. Und wie es scheint, hat er seine Tat lange im Voraus geplant. Bereits etwa drei Monate vorher hatte Holmes damit begonnen, nach und nach Waffen und Munition im Internet zu kaufen. Er besaß eine Pistole (3000 Schuss), eine Schrotflinte (350 Patronen) und ein Sturmgewehr (3000 Schuss). Ermittler gehen davon aus, dass der einstige Neurologiestudent die Waffen im Wert von 15 000 Dollar wohl mit seinem Stipendium bezahlt hat.

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Holmes war nach Angaben der University of Colorado Denver ein sehr begabter Student. Der junge Mann besuchte aber vor seiner Tat auch die Psychiaterin Lynne Fenton der Universität, die auf Schizophrenie spezialisiert ist. Viele Freunde soll Holmes nicht gehabt haben. Seine Kommilitonen beschreiben ihn als introvertiert. Die Tatwaffe, das Sturmgewehr, kaufte sich Holmes, als er am 7. Juni durch eine mündliche Prüfung fiel. Drei Tage später brach er sein Studium ab. Ein Warnzeichen?

Bereits vor der Tat hat Holmes nach Angaben von US-Medien ein Päckchen an die Universität geschickt, aus dem eindeutige Hinweise auf seinen Amoklauf hervorgehen. Der damals 24-Jährige soll in einem Brief Mordgelüste beschrieben haben. Außerdem waren nach Angaben des TV Senders FOX News auf mehreren Zeichnungen bewaffnete Strichmännchen zu sehen, die sich gegenseitig niederschießen. Die Universität beteuert, den Brief erst nach der Premiere des Batman-Films geöffnet zu haben.

Als Holmes nach der Tat erstmals vor Gericht erschien, legte er einen befremdlichen Auftritt hin: Er trug orangerot gefärbte Haare wie der "Joker", Batmans Gegenspieler. Er sagte kein Wort und wirkte geistig abwesend. Später trug er braunes Haar und einen dichten Bart.

Der Prozessbeginn wurde mehrfach aufgeschoben, weil der Angeklagte gleich zwei Mal psychologisch untersucht wurde. "Das ganze Verfahren hat sich so lange hingezogen, weil die Anklage die Todesstrafe fordert", sagt der Rechtsexperte David Lane der dpa. "Das ist bei jemandem, der offenkundig geisteskrank ist, einfach grausam."

Kurz vor Prozessbeginn haben sich Homes' Eltern Robert und Arlene erstmals zu Wort gemeldet. Sie wiesen darauf hin, dass ihr Sohn bis zum Amoklauf am 20. Juli 2012 niemandem ein Haar gekrümmt habe. Er sei im Internet immer wieder mit einem Monster verglichen worden, schrieben sie in einem Brief an die Zeitung The Denver Post: "Er ist kein Monster. Er ist ein Mensch, der im Bann einer schweren geistigen Krankheit steht."

(Mit Material von dpa)

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