Prinz Philip:Aus dem Leben von Prinz Ungewöhnlich

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Ein royales Leben: Prinz Philip war 74 Jahre an der Seite der Queen. (Foto: Ben Stansall/AFP)

Als Baby wurde er in einer Obstkiste versteckt, Queen Mum schimpfte ihn einen "Hunnen", als Senior baggerte er einen Teich aus: Allerlei Kuriosa über den verstorbenen Ehemann der britischen Königin.

Von Oliver Das Gupta

Philip, der nun verstorbene Ehemann der Queen, ist vor allem wegen seiner pointierten Sprüche bekannt und berüchtigt. Oft gerieten sie amüsant, manchmal auch beleidigend, vor allem aber waren sie stets spontan und daher nicht zu verhindern. Aber auch ohne die Verbalinjurien des Hochblaublüters strotzt die Vita des Duke of Edinburgh vor ungewöhnlichen Begebenheiten.

Flucht in der Obstkiste

Bevor Philip Teil der britischen Königsfamilie wird, ist er Prinz von Griechenland. Am 10. Juli 1921 wird er in einem Schlösschen auf der Insel Korfu geboren, angeblich kommt die Mutter nieder auf einem Esszimmertisch. Griechisch ist allerdings nur der Geburtsort und der Titel: Philips Großvater ist König der Hellenen, doch eigentlich handelt es sich um einen deutsch-dänischen Import. Philip ist Spross des deutsch-dänischen Hauses Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg. Als das Kind 18 Monate alt ist, wird in Griechenland geputscht, die Familie flieht an Bord eines Schiffes der Royal Navy - Philip ist angeblich in einer Apfelsinenkiste versteckt.

Prinz Habenichts

Philips Familie ist königlicher Abkunft, doch finanziell und familiär steht es desaströs. Nach der Trennung der Eltern kümmert sich die vermögende Verwandtschaft um den Jungen, vor allem der britische Onkel Louis Mountbatten, sie zahlen Internate in Frankreich, Deutschland und Schottland. Geld hat der Prinz trotzdem kaum, auch nicht nach dem Eintritt in die Navy. In Gästebüchern schreibt er ins Adressfeld mitunter: "Ohne festen Wohnsitz." Wenn er seinen Onkel in London besucht, reist er im Zug in der dritten Klasse an, später greift die Dienerschaft des Verwandten ein: Über Nacht wäscht sie Philips Hemden und stopft seine Socken.

Ein Mädchenschwarm, ansteckend "wie die Grippe"

1939 begegnet er in einer Marineschule in Devon das erste Mal Elizabeth, wohl eingefädelt durch Louis Mountbatten. Die Königsfamilie ist zur Visite da, der 18-Jährige Kadett führt die fünf Jahre jüngere Kronprinzessin und deren Schwester Margaret über den Stützpunkt. Elizabeth und Philip sind verwandt, beider Ururgroßmutter war Queen Victoria. Angetan ist die Prinzessin zu Beginn wohl vor allem wegen Philips Äußerem. Der hochgewachsene Jüngling mit den blauen Augen ist sportlich und selbstbewusst. Eine Verwandte soll damals sagen, Philips Faszination breite sich so ansteckend unter Mädchen aus wie die Grippe. Am Ende des Kennenlernens mit Elizabeth rudert Philip in einem Ruderboot angeblich sogar der royalen Yacht hinterher - bis König Georg VI. dem Jungen klarmacht, dass es jetzt gut sei.

Der Bräutigam hat ausgepafft

1947 heiraten Elizabeth und Philip - nach nur zwei Begegnungen und unzähligen Briefen hatte er um ihre Hand angehalten. Unmittelbar vor der Hochzeit erhebt der kettenrauchende König Georg VI. seinen künftigen Schwiegersohn zum Duke of Edinburgh. Und der Bräutigam setzt eine persönliche Zäsur: Er lässt die Finger von Zigaretten.

Wie Philip angeblich eine Staatskarosse lahmlegte

Nach Elizabeths Thronbesteigung reist das Paar mehrmals gemeinsam nach Westdeutschland. Beim Staatsbesuch im Mai 1965 kommt es zu einer Episode, die damals wohl von einer Boulevardzeitung in die Welt gesetzt wird, aber hier trotzdem erzählt werden soll. Die Royals werden demnach in Baden-Württemberg empfangen und mit Maultaschen und Spätzle verköstigt bevor es nach Marbach geht. Im dortigen Schiller-Archiv soll die Queen nach den Pferden gefragt haben, weil sich in einer 100 Kilometer entfernten gleichnamigen Stadt ein bekanntes Gestüt befinde. Prinz Philip soll bei dem Besuch so lange mit dem elektrischen Fensterheber der Staatskarosse (natürlich ein Daimler) herumgespielt haben, bis das Auto nicht mehr anspringen wollte - so die Legende.

Titel und Titulierungen

Abgesehen von seinem Vornamen ändern sich Philips Namen und Titel mehrmals. Er ist nicht nur Herzog von Edinburgh, Graf von Merioneth und Baron Greenwich, sondern auch Träger von allerlei Ehrenbezeichnungen und Doktorwürden. Dazu sammelt er im Laufe seines Lebens weitere Bezeichnungen, die mal mehr und mal weniger schmeichelhaft ausfallen. Seine Herkunft wird oft thematisiert, "Phil the Greek" nennt man ihn als jungen blonden Mann, auch den "Wikinger". Wegen seiner lockeren Sprüche wird er in der britischen Presse als "Duke Hazard", als Risiko-Herzog tituliert. Und wenn Queen Mum, die Mutter Elizabeths, wütend auf ihn ist, soll sie ihn als "Hunnen" tituliert haben - so war die während der Weltkriege entstandene abschätzige Bezeichnung für die Deutschen.

Ein größerer Ehestreit

In der Öffentlichkeit und im Staat ist die Queen die Nummer eins, Philip geht stets zwei Schritte hinter seiner Frau. Und er wird von ihr mehrmals befördert, unter anderem zum Admiral und Feldmarschall. Familienintern hingegen schwingt der Duke durchaus das große Wort, auch lautstark. Die Königin soll in solchen Situationen entweder das Thema gewechselt oder ihm gesagt haben: "Oh Philip, halt einfach den Mund." Ehestreit scheint es in all den Jahren nur einen größeren gegeneben zu haben. Philip, der vor der Hochzeit den Mädchennamen seiner Mutter Mountbatten angenommen hatte, dringt nach der Thronbesteigung darauf, den Familiennamen für die Nachkommen entsprechend in Mountbatten-Windsor zu ändern. Der Zwist endet friedlich: Elizabeth erklärt 1960, dass die gemeinsamen Kinder den Namen Mountbatten-Windsor tragen.

Kleidung wird aufgetragen

Die Royals sind schwerreich, doch Philip ist zumindest bei seiner Kleidung auf Sparsamkeit bedacht: Er trägt Kleidung offenbar auf. 2008 schickt er seinem Schneider ein paar Hosen zum Ändern, die er schon 50 Jahre vorher getragen hat. Seinerzeit seien Hosen modisch gewesen, die sackartig und ausgebeult waren, nun lässt er sein Beinkleid enger machen. Auch bei militärischem Dress setzt der Duke auf Beständigkeit: Zu Feierlichkeiten der Royal Navy zieht er noch im hohen Alter die Uniform an, die er schon 1947 trug, als er Elizabeth heiratete.

Göttlicher Philip

Die Queen mag im Vereinten Königreich Staatsoberhaupt sein und in etlichen Ländern des Commonwealth. An einem Ort aber steht ihr Mann über allen anderen: Auf dem Eiland Tanna, die zum pazifischen Inselstaat Vanutu gehört, wird der Prinzgemahl als Gottheit verehrt. 1971 hat er Vanutu besucht. Damals haben die Ureinwohner ihn auserkoren, ein seit Generationen prophezeihter Heilsbringer zu sein. Demnach soll Philip ursprünglich von der Insel stammen und eines Tages als König der Welt zurückkehren. Als der Duke davon erfährt, schickt er den Insulanern Autogrammkarten. Die Anhänger der "Prinz-Philip-Bewegung" sind selbstverständlich auch in Trauer, sollen aber bereits über einen Nachfolger beraten.

Tempo, Tempo

Philip sagt über sein Dasein Sätze wie: "Ich bin da", oder: Er fühle sich wie "eine Amöbe" am Hof. Tatsächlich aber kostet er zu Lebzeiten die Möglichkeiten des royalen Lebens aus. Er malt nicht nur und lässt sich trotz fortgeschrittenen Alters nicht nehmen, höchstselbst einen Teich im Schlosspark auszubaggern. Besonders das schnelle Fortbewegen scheint ihm zu gefallen. Bis 1997 steuert er Flugzeuge - im Laufe seines Lebens 59 verschiedene Typen. Als das Polospielen zu gefährlich wird, steigt der Prinz um auf vierspännige Kutschen, auf denen er durchs Gelände jagt. Auch vom Autofahren will er nicht lassen - bis zu einem Unfall im Jahr 2019. Damals nimmt er in seinem Landrover einem anderen Auto die Vorfahrt, der Geländewagen überschlägt sich, im anderen Gefährt werden zwei Frauen verletzt. Prinz Philip scheint den Unfall unbeschadet zu überstehen, gibt aber danach seinen Führerschein ab.

Keine Party zum 100.

Im Februar 2021 wird Philip ins Krankenhaus gebracht, später wird bekannt werden, dass er sich einer Herzoperation unterziehen muss. Am Morgen des 9. April stirbt Prinz Philip knapp zwei Monate vor seinem 100. Geburtstag. An sein rundes Wiegenfest hatte er schon im Vorjahr gedacht. Im Dezember 2020 ließ er ausrichten, nicht groß feiern zu wollen. Er hat recht behalten.

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Offiziell war Prinz Philip der Mann, der zwei Schritte hinter Queen Elizabeth ging. Inoffiziell aber war er der britischen Monarchie oft voraus. Eine Verneigung vor dem ewigen Prinzgemahl.

Nachruf von Christian Zaschke

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