Die Erinnerung auf der Brotzeitbox des verträumten Achtjährigen, die kryptischen Zahlen am Bildschirm: Post-its sind so einfach wie genial, sie haften fast immer und überall. Und im Gegensatz zum rubinrotem Lippenstift, der den Spiegel großflächig verschmiert, kann man die dezente Liebesbotschaft leicht abziehen und aufheben.
Die Erfindung der Haftzettel ist einem Zufall zu verdanken. Und dem Chemiker Spencer Silver. Der Texaner sollte nach dem Studium für den US-Konzern 3M einen außergewöhnlich starken Klebstoff entwickeln. Heraus kam 1968 ein Kleber, der sich leicht ablöste - eine Enttäuschung für den Erfinder. Jahre später schlug sein Kollege Art Fry vor, Lesezeichen daraus zu entwickeln. Diese beschrieb Spencer regelmäßig mit Notizen, was vor allem die Sekretärinnen des Unternehmens sehr praktisch fanden. So kamen die kanariengelben, quadratischen Haftnotizen zunächst als Press 'n' Peel Memo Pad, 1980 dann unter der Bezeichnung Post-it-Note auf den Markt.
Die analogen Zettel überlebten selbst die Digitalisierung, ja, im Grunde wurde die Haftzettel-Idee Jahrzehnte nach ihrer Erfindung von den sozialen Medien übernommen und weiterentwickelt.
Was sie von herkömmlichen Zetteln unterscheidet: dass sie auch nach mehrmaligem Entfernen wieder kleben. Somit lassen sich Ideen mehrmals umsortieren und Entscheidungen (Tante Erna auf die Gästeliste: ja, nein, vielleicht?) leichter bewältigen. Wer jemals mittels eines Post-its den Bohrstaub auffing (falten, unter der Bohrstelle ankleben und in den Knick rieseln lassen) oder seine Tastatur reinigte (Klebeseite durch die Zwischenräume ziehen), weiß: So ein Post-it kann mehr.
Natürlich lässt sich auch ein Daumenkino daraus machen. Oder, von Tausenden Studenten in Hongkong an die sogenannte Lennon Wall geheftet, Protest gegen die Regierung symbolisieren. Wer dreiste Falschparker zur Verzweiflung treiben will, beklebt deren Autos von oben bis unten mit Denkzetteln, so wie es Mitarbeiter der Stadt Heidelberg gemacht haben. Auf jedem einzelnen Post-it stand der Hashtag #WoParkstDuDenn?
Wie erst jetzt bekannt wurde, ist der Mann, dem das alles zu verdanken ist, bereits am 8. Mai in seinem Haus in St. Paul im US-Bundesstaat Minnesota an Herzversagen gestorben. Spencer Silvers Haftnotizen werden weiterhin an Kühlschranktüren oder Magazinseiten kleben.
Daher sei einmal mehr auf die fachgerechte Verwendung hingewiesen: Post-its sollte man nie von unten nach oben aufrollen, sondern zur Seite abziehen. Damit die Blätter sich nicht aufbiegen, sondern flach anliegen und optimal haften. So bleibt die Liebesbotschaft, wo sie hingehört. Jedenfalls, solange sie soll.