Gerichtsprozess:Angeblicher Paketbomber kommt aus U-Haft frei

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"Ich bin ein anständiger Bürger, ich bin unschuldig", sagte der Angeklagte beim Prozessauftakt vor dem Landgericht Heidelberg. (Foto: Uwe Anspach/dpa)

Der Rentner aus Ulm steht derzeit vor Gericht, weil er im Februar drei Paketbomben an Lebensmittelfirmen geschickt und damit mehrere Menschen verletzt haben soll. Im Prozess hatte er bislang alles abgestritten.

Von Claudia Henzler, Stuttgart

Der Mann, dem vorgeworfen wird, Paketbomben an mehrere Lebensmittelfirmen in Süddeutschland geschickt zu haben, ist am Montagabend aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Laut einer Gerichtssprecherin haben Gutachten, die dem Landgericht Heidelberg bereits schriftlich vorliegen und kommende Woche in das Verfahren eingebracht werden sollen, Zweifel am "dringenden Tatverdacht" geweckt, der Voraussetzung für die Untersuchungshaft sei. Dies lasse jedoch keine Schlüsse auf das Urteil zu. "Das Verfahren wird zu Ende geführt."

Im Februar 2021 war zunächst ein Paket beim Capri-Sun-Produzenten Wild in Eppelheim bei Heidelberg explodiert, tags darauf in der Zentrale der Firma Lidl in Neckarsulm. Vier Mitarbeiter wurden verletzt, einer von ihnen schwer. Ein drittes Paket, adressiert an die Firma Hipp im bayerischen Pfaffenhofen, konnte die Polizei noch in einem Verteilzentrum abfangen.

Vier Tage nach der ersten Explosion hatte die Sonderkommission des Landeskriminalamts Baden-Württemberg bereits einen Verdächtigen ermittelt: Ein 66-jähriger Rentner aus Ulm, gelernter Elektriker, soll die Sprengstoffsendungen gebaut und an die Lebensmittelfirmen verschickt haben. Der Mann wurde festgenommen, angeklagt und steht seit 8. September in Heidelberg vor Gericht. Er selbst bestreitet die Taten jedoch: "Ich bin ein anständiger Bürger, ich bin unschuldig und hoffe auf Gerechtigkeit", sagte er zu Prozessbeginn. In seinem kurzen, vorbereiteten Statement bezeichnete er sich als rechtschaffenen Bürger, der in seinem ganzen Leben noch nie etwas mit der Justiz zu tun gehabt habe. Laut Staatsanwaltschaft hatte die Polizei bei einer Hausdurchsuchung jedoch Munition gefunden, die der Angeklagte illegal besessen haben soll.

Abgeschabte Streichholzköpfe als Sprengmaterial

Das Landgericht hat bis zum 19. November noch mehrere Verhandlungstermine eingeplant, um die von Polizei und Staatsanwaltschaft zusammengetragenen Indizien zu bewerten und festzustellen, ob sich die Bestandteile der explosiven Pakete am Ende zweifelsfrei mit dem Angeklagten in Verbindung bringen lassen. Die Päckchen waren etwa DIN-A4-groß und wirkten wie Büchersendungen. Sie waren an keine bestimmte Person adressiert. Die verletzten Mitarbeiter der zentralen Postabteilungen waren daher zufällige Opfer. Laut Anklage dienten abgeschabte Zündholzköpfe als Explosionsmaterial. Im Prozess wurden Fotos gezeigt, auf denen zu sehen war, wie die Bomben konstruiert waren.

Neben den Bomben und möglichen Spuren an den Päckchen, die mit Briefmarken aus dem Automaten frankiert wurden, zählen Überwachungsaufnahmen zum wichtigsten Beweismaterial. Sie stammen aus einer Postfiliale in Ulm, in der laut den Ermittlungen der Polizei am 15. Februar alle drei Päckchen aufgegeben wurden. Auf diesen Bildern ist eine Person zu sehen, die einen aus Sicht der Polizei "auffälligen Schal" trägt. Der Angeklagte beteuerte in seiner kurzen Aussage zum Prozessauftakt, dass er solch einen Schal nie besessen habe. "Ich bin nicht die Person auf den Überwachungsvideos der Postfiliale", sagte er. Am Freitag wird der Prozess fortgesetzt.

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Prozess in Heidelberg
:"Ich bin nicht die Person auf den Überwachungsvideos"

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Von Claudia Henzler

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