Österreichischer Adel:Dem Namen verpflichtet

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Österreichs Adel trauert seinen Titeln noch immer nach. Im Scherz fordert nun ein Politiker und Nachfahre von Kaiserin Maria Theresia, dass Betroffene sich ihre Titel zurückkaufen können. Manche nehmen diesen Vorstoß irritierend ernst.

Cathrin Kahlweit, Wien

Er kann sich königlich amüsieren über die Reaktionen, die er bekommt, oder sollte man sagen: erzherzöglich amüsieren? Ulrich Habsburg-Lothringen, Nachfahre von Kaiserin Maria Theresia, wäre ein Erzherzog, wenn es denn in Österreich den Adel noch gäbe. Aber der wurde mit dem Untergang des Hauses Habsburg und der Gründung der Republik abgeschafft, anders als in Deutschland dürfen Adelige ihre Titel auch nicht als Namensbestandteil tragen.

Kürzlich hat der 72-jährige Österreicher in Braunau einen Vortrag gehalten, in dem er die Titel für Österreichs Adel zurückverlangte - aus Gründen der Gleichbehandlung und weil das Land zu seiner Geschichte stehen müsse.

Wer den Forstwirt aus Wolfsberg in Kärnten kennt, ahnte gleich: Dahinter steckt eine Eulenspiegelei. Denn der grüne Politiker, der selbst "nur dann beleidigt ist, wenn man mich nicht als Diplom-Ingenieur anspricht", provoziert gern. Er macht, durchaus nicht uneitel, gern Schlagzeilen, und er liebt es, wenn sich seine Umwelt fragt: Wo hört der Ernst auf, wo fängt der Scherz an?

Und er setzt gern noch eins drauf: In Braunau forderte er öffentlich auch, dass es doch schön wäre, wenn man Titel kaufen könnte wie Wahlkennzeichen fürs Auto: ein einfaches "von" für 5000 Euro, einen Fürstentitel für 100.000, das Ganze auf fünf Jahre.

Sie wollen ihr "von" zurück

Jetzt ist er diebisch erfreut über die Zustimmung, die er bekommt. Claqueure fordern eine Aufwertung des Adels und meinen das bisweilen irritierend ernst. Einer schreibt, er als "ehemals roter Kommunalpolitiker" hätte gern das "von" zurück, schließlich sei seine Urgroßmutter Hofdame der Kaiserin gewesen. Eine Historikerin will ihn unterstützen, damit er auch sein Familienvermögen zurückbekommt. Adelige Familien schicken Dank und Glückwünsche. Aber auch Gegner melden sich: Auf die paar Euro für die Staatskasse aus dem Verkauf von Adelstiteln könne man gern verzichten.

Am Dienstag befasste sich der ORF mit der Frage, ob der Adel eigentlich wirklich verschwunden sei. Die Antwort lautete: Jein. In Österreich lebten 180 adelige Familien mit etwa 11.000 Mitgliedern. Nicht wenige begriffen sich immer noch als Elite, für sie zähle Herkunft mehr als Leistung. Habsburg indessen, dessen Frau vor 20 Jahren zum Judentum konvertiert ist, gilt in seinen Kreisen als bunter Vogel. Seine Volten sind nicht jedermann geheuer. Durchaus ernst meinte es Habsburg, als er 2009 das passive Wahlrecht für sich und seine Familie einklagte. Er sehe nicht ein, sagt er, dass Mitglieder "ehemals regierender Häuser" nicht für Wahlämter kandidieren dürften - und bekam recht.

Habsburg findet auch, dass die Republik endlich Frieden schließen solle mit ihren ehemals adeligen Familien. Das ist ihm ehrlich wichtig. Aber er kann auch sticheln: Neulich hat er den FPÖ-Politiker Harald Dobernig herausgefordert. Der hatte der slowenischen Minderheit abgesprochen, "echte Kärntner" zu sein. Ulrich Habsburg-Lothringen verschickte Briefe an alle Welt: Als Nachfahre der Herzöge von Kärnten könne er nicht glauben, unechte Kärntner hätten seinen Vorfahren gehuldigt. Und übrigens: Sei der Name Dobernig nicht slowenisch? Mit dieser Ironie dürfte er nicht alle Schwarzenbergs, Liechtensteins oder Auerspergs begeistert haben.

© SZ vom 25.10.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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