Niels H.:Oberärzte nach Mordserie eines Pflegers an Klinikpatienten angeklagt

Lesezeit: 1 min

Der wegen mehrfachen Mordes und Mordversuchs an Patienten angeklagte, ehemalige Krankenpfleger Niels H. (Archivbild von 2014). (Foto: dpa)
  • Niels H. soll 2015 absichtlich den Tod von drei Patienten des Klinikums Delmenhorst herbeigeführt haben. Möglicherweise ist er noch für viele weitere Todesfälle verantwortlich.
  • Der Krankenpfleger verabreichte seinen Opfern Herzmedikamente, um sich bei der anschließenden Wiederbelebung als Retter zu inszenieren.
  • Aus Sicht der Staatsanwälte hätten zwei damalige Oberärzte und der Stationsleiter dies verhindern können.

Die juristische Aufarbeitung einer Mordserie an Krankenhauspatienten weitet sich auf die Vorgesetzten des Täters aus: Zwei damalige Oberärzte und der Stationsleiter sollen nicht eingeschritten sein, als der Krankenpfleger Niels H. zwischen dem 22. Mai und dem 24. Juni 2005 Patienten mit einem Herzmedikament in reanimationspflichtigen Zustand brachte, um sich bei der anschließenden Wiederbelebung als Retter zu inszenieren.

Das Landgericht Oldenburg hat am Mittwoch entsprechende Anklagen wegen Totschlags durch Unterlassen zur Hauptverhandlung zugelassen. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Angeklagten die Taten von Niels H. aus Angst um die Reputation der Klinik und vor dem Vorwurf falscher Verdächtigung ignorierten. Drei Morde und zwei Mordversuche hätten demnach in dieser Zeit verhindert werden können.

Niels H. tötete bis zu 200 Patienten in sechs Jahren

Wann das Hauptverfahren gegen die Mediziner und den Stationsleiter vor dem Landgericht beginnt, ist noch offen. Auch ist der Beschluss noch nicht rechtskräftig. Zugleich wies das Landgericht die Anklagen gegen zwei Pflegerinnen und einen Pfleger zurück, weil die Betroffenen sich bemüht hätten, dem inzwischen zu lebenslanger Haft verurteilten Niels H. Tötungsversuche nachzuweisen. Die Staatsanwaltschaft prüft, ob sie Beschwerde gegen die Abweisung der Klagen einlegt.

Der Krankenpfleger hatte von 1999 bis 2002 im Krankenhaus Oldenburg und anschließend im Klinikum Delmenhorst gearbeitet. Die genaue Zahl seiner Opfer ist unklar, untersucht wurden bis zu 200 Fälle. Eine Kollegin hatte ihn 2005 seiner Taten überführt, als ein Patient in seiner Anwesenheit plötzlich schwere Herzrhythmusstörungen bekam. Sie entnahm eine Blutprobe, in der das Antiarrhythmikum Gilurytmal nachgewiesen wurde - dieser Stoff wurde in den Leichen zahlreicher exhumierter Opfer von Niels H. nachgewiesen. Am Krankenhaus Delmenhorst war, während Niels H. dort arbeitete, der Verbrauch des Präparats binnen eines Jahres um 400 Prozent angestiegen.

© SZ.de/dpa/ees - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

DPolG
:Polizeigewerkschafter aus NRW treten wegen Fall Wendt zurück

Die DPolG hatte sich hinter ihren Chef Rainer Wendt gestellt, der wegen mehrfacher Gehälter in die Kritik geraten war. Der Landesvorsitzende von Nordrhein-Westfalen und sein Stellvertreter lehnen das ab.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: