Suche nach Nessie:"Es ist kein Treibholz - es ist völlig unerklärlich"

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Dieses Bild wurde 2018 von einer Touristin am Loch Ness aufgenommen und wurde jetzt erst vom "Daily Telegraph" veröffentlicht. (Foto: Chie Kelly/Peter Jolly Northpix)

Gerade erst gab es eine erfolglose Suchaktion am Loch Ness, nun sind die Bilder einer Touristin von 2018 aufgetaucht - und zumindest der wohl berühmteste Nessie-Jäger Steve Feltham ist beeindruckt.

Von Alexander Mühlauer, Dores/London

Das Wohnmobil von Steve Feltham steht direkt am Ufer von Loch Ness. Unter dem Vordach hat er ein Fernrohr aufgestellt, seit 32 Jahren schaut er jetzt schon auf den See hinaus. Eines Tages will er es sein, der Nessie entdeckt, das legendärste Wassermonster der Welt. Doch nun kam ihm jemand zuvor. So sieht es jedenfalls Feltham, 60 Jahre alt und der wohl bekannteste Nessie-Jäger Schottlands.

Der Daily Telegraph hat in dieser Woche Fo tos veröffentlicht, auf denen das berühmte Seeungeheuer zu sehen sein soll. Fotos, von denen Feltham sagt, es seien "die aufregendsten Oberflächenbilder (von Nessie), die ich je gesehen habe". Und genau die Art von Fotos, die er schon seit drei Jahrzehnten habe machen wollen. Kann gut sein, dass Feltham sich insgeheim ein wenig ärgert, aber immerhin kann er sich damit trösten, dass sie dank ihm überhaupt an die Öffentlichkeit gelangt sind.

Steve Feltham ist der wohl bekannteste Nessie-Jäger am Loch Ness und sucht seit mehr als 30 Jahren nach dem Ungeheuer. (Foto: Alexander Mühlauer)

Eines Tages kam eine Frau auf ihn zu, sie heißt Chie Kelly-Kano, ist 51 Jahre alt und arbeitet als Übersetzerin. Zusammen mit ihrem Mann Scott Kelly und ihrer Tochter Alisa machte sie vor fünf Jahren Urlaub am Loch Ness. Am 13. August 2018 aßen sie mittags im Dores Inn, einem Pub am Ufer des Sees, gleich neben dem Wohnmobil von Feltham. Nach dem Mittagessen wollte Kelly-Kano noch ein paar Fotos von ihrer Tochter machen, doch da sah sie plötzlich etwas Ungewöhnliches im Wasser.

Gut 200 Meter vom Ufer entfernt, so erzählte sie jetzt dem Telegraph, habe sich eine Kreatur mit gleichmäßiger Geschwindigkeit von links nach rechts bewegt. "Zuerst fragte ich mich, ob es ein Otter oder eine Robbe war, aber wir sahen keinen Kopf, und es kam nicht wieder hoch, um Luft zu holen", sagte Kelly-Kano. Die Kreatur habe seltsame Bewegungen an der Wasseroberfläche gemacht, sich gedreht und gerollt. Ein Geräusch habe sie nicht gehört, aber die zwei Teile, die sichtbar waren, seien weniger als zwei Meter lang gewesen.

Was es wirklich war, das wisse sie nicht, aber sie habe immer daran geglaubt, dass es irgendetwas im Loch Ness gebe. "Es gibt dort etwas Ungewöhnliches, aber ich weiß nicht, was es ist. Was ich gesehen habe, sah aus wie eine Schlange. Es war definitiv eine Kreatur, und sie hat sich bewegt."

Über Loch Ness kreisten Drohnen mit Infrarotkameras und machten Wärmebilder

Damals, im Sommer 2018, traute sich Kelly-Kano nicht mit ihren Fotos an die Öffentlichkeit. Sie wollte sich nicht lächerlich machen, erzählte sie dem Telegraph. Doch jetzt hat es offenbar zwei Gründe gegeben, warum sie ihre Meinung geändert hat. Der eine ist Steve Feltham. Ihm hat sie die Fotos gezeigt. Und er war hin und weg. "Ich habe sie davon überzeugt, dass diese Bilder so wichtig sind, dass sie veröffentlicht werden sollten. Sie rechtfertigen eine weitere Untersuchung", sagte Feltham dem Telegraph. Und dann stellte er noch klar, was da aus seiner Sicht auf den Fotos zu sehen ist: "Es ist kein Treibholz - es ist ein sich bewegendes Wesen und völlig unerklärlich."

Jedes Jahr kommen gut 1,6 Millionen Besucher zum Loch Ness und schauen aufs Wasser hinaus. (Foto: Andy Buchanan/AFP)

Wie es aussieht, war der zweite Grund für Kelly-Kanos Sinneswandel die groß angelegte Suchaktion, die vor einer Woche stattgefunden hat. Das Forschungsteam "Loch Ness Exploration", das sich mit natürlichen Phänomenen des Sees befasst, machte sich zusammen mit dem Loch Ness Centre, das ein Museum am Seeufer betreibt, auf Entdeckungstour. Über Loch Ness kreisten Drohnen mit Infrarotkameras und machten Wärmebilder. Doch ein Monster oder zumindest etwas, das danach aussieht, fanden sie nicht.

Das tut der Faszination Nessie aber keinen Abbruch. Jedes Jahr kommen gut 1,6 Millionen Besucher zum Loch Ness und schauen aufs Wasser hinaus, um vielleicht doch etwas zu sehen, was andere noch nie gesehen haben. Einfach ist das nicht, Loch Ness ist 36 Kilometer lang und 240 Meter tief. Wie eine riesige Badewanne liegt der See da, umgeben von Hügeln und Wäldern.

Wer dorthin kommt, geht am besten ins frisch renovierte Loch Ness Centre. Im Museum werden die jahrhundertealten Geschichten über Nessie mit interaktiven Videos so nacherzählt, dass selbst diejenigen, die nicht unbedingt an Seeungeheuer glauben, durchaus beeindruckt sind. Wo heute das Loch Ness Centre steht, war einst ein Hotel, in dem die frühere Angestellte Aldie Mackay im Jahr 1933 davon berichtete, einen "walähnlichen Fisch" oder ein "Wasserbiest" gesehen zu haben. Von da an kamen immer mehr Menschen hierher, um dem Mysterium auf den Grund zu gehen.

Steve Feltham war sieben Jahre alt, als er das erste Mal mit seinen Eltern zum Loch Ness kam. Fragt man ihn danach, erzählt er, dass er schon damals fasziniert gewesen sei von dem, was sich da im See versteckt haben könnte. Feltham gab Anfang der Neunziger seinen Job auf, verkaufte sein Haus im englischen Dorset und zog nach Schottland. Man findet ihn in seinem Wohnmobil in der Ortschaft Dores, direkt am Ufer von Loch Ness. Und wenn er nicht gerade aufs Wasser hinausschaut, bastelt er kleine Nessie-Skulpturen aus Knetmasse. Manche kosten neun Pfund, manche 19. Feltham will eben auch ein wenig mitverdienen, an diesem Mythos namens Nessie.

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