Mutter vor Gericht in Düsseldorf:Polin entführte eigenen Sohn

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Eine Frau entführte ihren neunjährigen Sohn 2009 ins Ausland, eine "Verzweiflungstat", sagt sie. Inzwischen lebt der Junge in Deutschland und hat regelmäßigen Umgang mit seiner Mutter. Doch vor Gericht geht der Streit ums Sorgerecht weiter - und der zweite Strafprozess gegen die Polin hat begonnen.

Am hellichten Tag wird ein neun Jahre alter Junge in ein Auto gezerrt. Das Kind schreit. Es ist seine eigene Mutter, die ihn auf offener Straße entführt, in ihr Heimatland nach Polen. Das war 2008. Jetzt steht sie in Düsseldorf vor Gericht - zum zweiten Mal.

Zum zweiten Mal steht eine Polin in Düsseldorf vor Gericht - sie hatte 2008 ihren eigenen Sohn entführt. (Foto: dpa)

Im März 2009, Monate nach der Entführung, einigten sich die geschiedenen Eltern des Jungen auf die Rückkehr nach Deutschland, er lebt heute wieder beim Vater und dessen zweiter Frau und sieht seine Mutter regelmäßig.

Das Amtsgericht in Düsseldorf hatte die Frau zu einer 14-monatigen Freiheitsstrafe verurteilt, in zweiter Instanz will sie nun ein milderes Urteil erreichen. Deshalb legte sie Berufung gegen die erste Entscheidung ein - und das tat dann auch die Staatsanwaltschaft. "Es bleibt grundsätzlich beim Geständnis", sagte die zierliche, dunkelhaarige Angeklagte zu Prozessbeginn. Aber es sei auch eine "Verzweiflungstat" gewesen.

Die Lektorin hatte ihren Sohn seinerzeit seit zwei Jahren nicht gesehen. Mit Gerichten und Jugendamt gab es ständig Streit. Verurteilt worden war sie in erster Instanz wegen Entziehung Minderjähriger, gefährlicher Körperverletzung und Freiheitsberaubung. Sie habe aber kein Tränengas eingesetzt und das Kind nicht gegen seinen Willen mitgenommen, machte die Angeklagte nun geltend.

"Es ist die Hölle", beschrieb der 47 Jahre alte Vater seine Gefühlslage angesichts der monatelangen Ungewissheit nach der Entführung seines Sohnes. Bei der Suche schaltete der Vater einen Privatdetektiv, Übersetzer, Anwalt, Diplomaten und Behörden ein, suchte den Kontakt zu den Ex-Schwiegereltern. Schließlich mobilisierte der Rosenkrieg auch in Polen die Presse. Dort präsentierte sich die Frau als Opfer der deutschen Justiz, die als Ausländerin keine Chance gehabt habe, das Sorgerecht für ihr Kind zu erhalten.

Der Vater sprach ebenfalls mit den Medien und wies zurück, dass es ein "Polnischsprechverbot" oder eine "Zwangsgermanisierung" gebe. Durch die Vermittlung eines polnischen Journalisten fanden die zerstrittenen Eltern des Jungen schließlich einen Kompromiss für eine Rückkehr: Der Vater zog die Anzeige zurück und sagte seiner Ex-Frau einen regelmäßigen Umgang mit ihrem Sohn zu.

Wegen der Schwere des Delikts kam es aber trotzdem zum Prozess, die Frau wurde verurteilt - wenn auch nur auf Bewährung. Inzwischen hat die 44-jährige vor dem Amtsgericht Mönchengladbach das gemeinsame Sorgerecht für den mittlerweile zwölfjährigen Sohn beantragt - und will vor dem Landgericht Düsseldorf eine mildere Strafe durchsetzen. Ende Januar soll das Verfahren weitergehen.

© Süddeutsche.de/dpa/leja - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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