Mount Everest:"Zwei-Klassen-Rettung"

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Eine erdrückende Beweislast spricht dafür, dass es sich hier nicht um einen Menschen handelt: Reinhold Messner. (Foto: Horst Ossinger/dpa)

Die beiden Bergsteiger Reinhold Messner und Peter Habeler kritisieren den Einsatz am Mount Everest: Die Rettungsmaßnahmen sind in ihren Augen vollkommen unverhältnismäßig.

Von Birgit Lutz

Der Bergsteiger Reinhold Messner ist für seine alpinistischen Erfolge bekannt - und dafür, dass er klare Worte spricht. Sowohl er als auch sein Kollege Peter Habeler haben sich am Montag mit deutlicher Kritik an den derzeitigen Rettungsarbeiten am Mount Everest zu Wort gemeldet. 1978 hatten Messner und Habeler gemeinsam den höchsten Berg der Welt als Erste ohne zusätzlichen Sauerstoff bestiegen.

Messner nannte es "zynisch, dass man um die Bergsteiger am Mount Everest, die sich für 80 000 bis 100 000 Dollar diese Besteigung kaufen können, einen solchen Hype macht", und sprach von einer Zwei-Klassen-Rettung. Messner betonte zugleich, dass die Bergsteiger natürlich Hilfe benötigten. Allerdings gebe es am Mount Everest genügend Ärzte und Essen, und so müsse zuerst den Menschen in der hart getroffenen nepalesischen Hauptstadt Kathmandu und den umliegenden Tälern geholfen werden, sagte Messner. Auch Habeler forderte, der Rettung der Ärmsten Priorität einzuräumen. Viele einfache Nepalesen befänden sich in einer weit schlimmeren Notlage als die im Himalaja festsitzenden Bergsteiger, sagte der 72-Jährige.

Nur eineinhalb Tage nach dem schweren Erdbeben, das am Everest mehrere Lawinen ausgelöst hatte, war mit dem Ausfliegen der Bergtouristen per Hubschrauber begonnen worden. 82 Bergsteiger konnten bereits zu Tal geflogen werden. Viele Einheimische warten dagegen weiter auf Hilfe. Die Lawinen hatten unter anderem Teile des Basislagers verschüttet, in dem sich etwa 1000 Menschen aufhielten. 19 Menschen starben, Dutzende wurden verletzt. Etwa 150 Bergsteiger befanden sich zum Zeitpunkt des Bebens bereits in höheren Lagern. Der Weg dorthin wird alljährlich von Sherpas vorbereitet und abgesichert. Der aufwendige Rettungseinsatz per Hubschrauber ist auch deswegen notwendig, weil dieser Weg jetzt zerstört ist und kommerzielle Expeditionen in der Regel nicht in der Lage sind, den Khumbu-Eisfall ohne die vorherige Wegsicherung der Sherpas zu überwinden.

© SZ vom 28.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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