Mordprozess in Oldenburg:Krankenpfleger will über weitere Straftaten sprechen

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  • Ein Krankenpfleger, der wegen Mordes angeklagt ist, will heute vor Gericht eine umfassende Aussage machen.
  • Der 38-Jährige steht in Oldenburg wegen dreifachen Mordes und zweifachen Mordversuchs vor Gericht.
  • Einem Gutachter hat er zahlreiche weitere Straftaten gestanden.

Von Annette Ramelsberger, Oldenburg

Morde vor Gericht zugegeben

Man kennt die Stimme von Niels H. bereits. Es ist eine feste Stimme, tief und klar. Er hat schon vergangene Woche gesprochen, zum ersten Mal, ein paar Sätze. Der Richter hat ihn gefragt, ob der Psychiater alles richtig erzählt habe, was die beiden in fünf langen Sitzungen besprochen hatten.

"Stimmt alles, was der Gutachter zu Ihrem Werdegang berichtet hat? Ist es richtig, korrekt, vollständig, wollen Sie etwas ergänzen?", fragte der Richter. "Es ist richtig, korrekt, vollständig und ergänzen will ich auch nichts", sagte daraufhin Niels H. Ohne Pause. Ohne Schnörkel. "Und ist auch richtig, was der Gutachter zu den Anklagepunkten gesagt hat?", fragte der Richter weiter. "Auch das ist richtig", sagte Niels H. "Sie wissen, dass das so gewertet wird, als hätten Sie es selber gesagt?" - "Ja", sagte der Angeklagte.

Angeklagter will sich zu weiteren Taten äußern

Niels H. hat am vergangenen Donnerstag drei Morde gestanden. Für die steht er in Oldenburg vor Gericht. Aber er hat noch viel mehr getan: Er hat zugegeben, mindestens 30 Menschen getötet zu haben. Er, der Krankenpfleger, lange Zeit geschätzter Mitarbeiter an den Krankenhäusern in Oldenburg und Delmenhorst. Und er hat angekündigt, er wolle sich erinnern, was da noch alles war.

An diesem Donnerstag soll es soweit sein. Richter Sebastian Bührmann hatte für diesen Tag das Plädoyer der Staatsanwältin geplant. Doch nun sehen alle auf den Angeklagten. Niels H., 38 Jahre alt, ein großer Mann, massig, mit dunklem Haar und schweren Lidern. Seit sechs Jahren sitzt er im Gefängnis. Wegen versuchten Mordes, dazu war er schon 2006 verurteilt worden, bei seinem ersten Prozess. Nun ist er wieder angeklagt, diesmal wegen dreifachen Mordes und zweifachen Mordversuchs.

Doch das wird nicht der letzte Prozess gegen Niels H. bleiben. Die Polizei ermittelt, ob Niels H. als Täter bei weiteren überraschenden Todesfällen an den Kliniken in Oldenburg und Delmenhorst in Frage kommt. Sie ermittelt in 170 Fällen.

Ex-Pfleger in Niedersachsen
:Landtag will Sonderausschuss zu Krankenhaus-Morden

Ein Ex-Pfleger hat vor Gericht zugegeben, Dutzende Krankenhaus-Patienten mit einer Überdosis an Herzmedikamenten getötet zu haben. Wegen Mordes steht er derzeit in Oldenburg vor Gericht. Nun will auch Niedersachsens Landtag den Fall untersuchen.

60-mal gelingt die Wiederbelebung - mindestens 30-mal nicht

Seine Aussage an diesem Donnerstag ist nun die letzte Möglichkeit für Niels H., um irgendetwas ins Feld zu führen, das für ihn spricht. Der Psychiater hält ihn für voll schuldfähig. Das einzige, was der Angeklagte noch leisten kann, ist, den Angehörigen Klarheit zu verschaffen über den Tod ihrer Verwandten. Wenn er sich denn selbst erinnert.

Mehr als 90-mal soll Niels H. Patienten auf der Intensivstation des Klinikums Delmenhorst ein Herzmittel gespritzt haben, das zu schweren Herzrhythmusstörungen bis zum Herzstillstand führt. Nur um zu zeigen, wie gut er Menschen wiederbeleben kann. So hat er es dem Psychiater gesagt. Um sich von den Kollegen bewundern zu lassen. 60-mal, so sagte er, ist ihm die Wiederbelebung gelungen. Mindestens 30-mal nicht.

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