Mordprozess gegen Sprint-Sportler:Pistorius könnte Schreie von Steenkamp gehört haben

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Oscar Pistorius während des 13. Prozesstages im Gericht in Pretoria. (Foto: dpa)

Der erste Schuss aus der Waffe von Oscar Pistorius traf Reeva Steenkamp in die Hüfte. Der zweite Schuss ging ins Leere, der dritte traf ihren Ellenbogen, erst die vierte Kugel war tödlich: Nach Einschätzung eines Waffenexperten muss Pistorius' Freundin ihr eigenes Sterben bewusst erlebt haben.

Reeva Steenkamp hat nach Einschätzung eines Waffenexperten der südafrikanischen Polizei ihr eigenes Sterben durch die Schüsse ihres Freundes Oscar Pistorius bewusst miterlebt. Der erste Schuss habe sie vermutlich an der Hüfte getroffen, erst die letzte Kugel sei in ihren Kopf eingedrungen, sagte der Ballistiker Chris Mangena im Mordprozess gegen Pistorius aus. Nach diesem Szenario hätte die 29-Jährige noch Zeit gehabt, zu schreien - Pistorius hätte somit wissen können, wer hinter der geschlossenen Toilettentür war.

Die Darstellung Pistorius' widerspricht dem.

Die wahrscheinlichste Erklärung sei, dass Steenkamp "zunächst hinter der verschlossenen Tür stand, während die Kugel in ihre Hüfte eindrang", sagte Mangena vor Gericht in Pretoria aus. Sie sei rückwärts auf einen Zeitschriftenständer gestürzt, während eine zweite Kugel sie verfehlte. Eine dritte Kugel habe ihren rechten Ellenbogen getroffen, die letzte dann ihre Hand und ihren Kopf. Bis dahin habe sie vermutlich in "Schutzposition" gekauert mit Armen und Händen vor dem Kopf, doch nach dem letzten Schuss sei sie sofort umgefallen.

Chronologie zum Fall Oscar Pistorius
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Am Abend des 13. Februar 2013 kommt Reeva Steenkamp zu ihrem Freund Oscar Pistorius nach Hause - dann fallen vier Schüsse. Eineinhalb Jahre später neigt sich der Mordprozess gegen den Athleten dem Ende zu. Ihm drohen bis zu 25 Jahre Gefängnis. Eine Chronologie.

Prozess wird vertagt

Pistorius muss sich seit Anfang März vor Gericht verantworten. Der Sprintstar hatte seine Freundin in der Nacht zum Valentinstag vergangenen Jahres durch die geschlossene Toilettentür seines Hauses erschossen. Er beteuert, Steenkamp für einen Einbrecher gehalten zu haben. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 27-Jährigen hingegen vor, Steenkamp nach einem Streit vorsätzlich getötet zu haben.

Polizeiexperten zufolge trug der an den Unterschenkeln amputierte Sprintstar während der Schüsse keine Beinprothesen - im Gegensatz zur Vermutung der Anklage. Als er schoss, war er laut Mangena zwischen 60 Zentimeter und 2,20 Meter von der Toilettentür entfernt. Die Hypothese von Verteidiger Barry Roux, wonach Pistorius die Schüsse von einiger Distanz abgegeben hatte, bezeichnete der Ballistiker als plausibel: Dies unterstützt die Position der Verteidigung, wonach sich Pistorius aus Angst vor einem Einbrecher nicht zu sehr der Tür nähern wollte.

Auf Antrag der Anklage vertagte sich das Gericht am 13. Verhandlungstag auf Montag. Staatsanwalt Gerrie Nel will sich nach eigenen Angaben vor der Befragung mit den letzten vier bis fünf Zeugen der Anklage beraten.

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Von Lena Jakat

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