Michelle Obama wird 50:Eine, die alle bewegt

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Ihren Zustand beschreibt sie als "fabelhaft": Michelle Obama wird heute 50 Jahre alt. (Foto: dpa)

Im Trainingsanzug wirkt sie wie 30, aber Michelle Obama wird heute 50 Jahre alt. Ihre eigenständige Rolle hat die First Lady längst gefunden: Erst kommt die Familie, dann die Politik. Und nebenbei erzieht sie mit sanfter Strenge die Nation. Ihr Programm? Lebenstüchtigkeit!

Von Nicolas Richter, Washington

Im vergangenen Jahr hat Michelle Obama im Weißen Haus zu einem kleinen Pentathlon geladen, einem Wettkampf mit fünf Einzeldisziplinen. Ihr Gegner - oder soll man sagen: Opfer? - war der Fernsehmoderator Jimmy Fallon. "Okay, wir fangen mit der Treppe an, bist du so weit?", fragte Michelle Obama. Und während Fallon noch seine Gedanken sortierte, rannte die First Lady los und sicherte sich den ersten Vorsprung.

Mit schlanken, aber kräftigen Armen meisterte sie alsbald die Liegestütze, während sich Moderator Fallon unbeholfen am Boden wälzte. Schließlich: Sackhüpfen. "Viel Glück", sagte die Hausherrin inmitten von Ölgemälden und Lüstern, "du wirst es brauchen." Natürlich erreichte sie das Ziel zuerst - und damit die Goldmedaille. In ihrem dunkelgrauen Trainingsanzug sah sie übrigens aus wie 30.

"Ich kann leichter atmen"

An diesem Freitag wird Michelle Obama 50 Jahre alt. Ihren Zustand beschreibt sie als "fabelhaft". Nie sei ihr Selbstvertrauen größer gewesen. Sie hat sich arrangiert mit Washington, der Hauptstadt, deren selbstbezogene Politikwelt sie immer verachtet hat. Und etliche Lasten scheinen von ihr abgefallen zu sein; besonders die Wiederwahl ihres Mannes 2012 hat sie befreit. "Ich kann leichter atmen", sagt sie. Die Obamas werden sich nie wieder einer Wahl stellen müssen.

Politisch ist Michelle Obama zwar nicht so einflussreich wie einst Hillary Clinton. Ihre Rolle als First Lady aber sieht sie vor allem darin, ein Vorbild zu sein für Eltern im ganzen Land. "Sie möchte zeigen, dass Erziehung harte Arbeit ist. Es kostet viel Energie und Hingabe", sagt ihre Vertraute Valerie Jarrett. Michelle Obama hat immer Wert gelegt darauf, ihre Familie unter Kontrolle zu haben, und unter Familie versteht sie im weiteren Sinne auch ihr Land.

Und sie ist eine strenge Erzieherin. Für ihre Töchter Malia und Sasha hat sie mindestens eine Pflichtsportart ausgesucht, nach Familienausflügen mussten die Töchter zuweilen ihre Erlebnisse in einem Aufsatz schildern. Darin lag immer auch eine politische Botschaft: Anders als manche Weiße es immer noch vermuten, sind auch schwarze Familien streng organisiert und bringen adrette, disziplinierte Kinder hervor. Besonders vor der Präsidentschaftswahl 2008 hat Barack Obama seine Familie bewusst inszeniert, um diese Botschaft in Amerika zu verbreiten. Der Präsident fürchtet die Erziehungskünste seiner Frau offenbar selbst. Er habe "aus Angst vor ihr" das Rauchen aufgegeben, erzählte er einmal, und als er sich jüngst bei der Trauerfeier für Nelson Mandela etwas zu heiter selbst fotografierte, blickte sie so finster und missbilligend, dass US-Boulevardblätter schon das Ende der Ehe vermeldeten.

Mehr Bewegung, mehr Studenten

Natürlich möchte die First Lady, dass auch das Volk insgesamt besser lebt. Ihr lustiger Wettkampf mit Fallon im Fernsehen sollte für ihre berühmteste Initiative werben - das Programm "Let's move". Es soll Kinder motivieren, gesund zu essen und sich viel zu bewegen. Der Wettkampf war also nicht nur Komödie, er zeigte auch durchaus echte Eigenschaften Michelle Obamas: Sie gilt als aktiv, ehrgeizig und anspruchsvoll, sie treibt gerne an. Auf unzähligen "Let's move"-Veranstaltungen hat man sie bei Tanz, Gymnastik, Aerobic gesehen, sie ist die strenge wie lebensfrohe Fitnesstrainerin einer insgesamt eher trägen und übergewichtigen Nation. "Ja, wir können", war einst der Wahlspruch ihres Mannes; Michelles Spruch für alle Fastfood konsumierenden Bewegungsarmen im Land könnte lauten: "Ja, ihr solltet - den Hintern hochkriegen." Und für die kommenden Jahre hat sie sich vorgenommen, neben der körperlichen Kondition auch die geistige zu fördern. Junge Amerikanerinnen und Amerikaner möchte sie mehr als bisher zum Studium ermutigen.

Während Washingtons Journalisten bei jeder neuen Krise die grauen Haare des Präsidenten zählen, scheint Michelle Obama außerdem nicht zu altern. Wie die Zeit vergeht, merkt man allenfalls, wenn sie neben ihren Töchtern steht, die inzwischen so groß sind wie sie oder sogar größer. Trotzdem hat sie es jüngst nicht ausgeschlossen, sich eines Tages ein paar Falten mit Botox entfernen zu lassen. "Frauen sollten tun dürfen, was sie möchten, um sich wohl zu fühlen", sagte sie. "Im Augenblick kann ich mir das für mich nicht vorstellen. Aber ich habe gelernt, niemals nie zu sagen."

Sie ist ein Pflichtmensch, und ihre Rolle in Washington als "Mom in Chief", Oberbefehlsmutti, hat sie klar definiert: zuerst Mutter, dann Präsidentenfrau. Sie hat dafür sogar diplomatische Verstimmungen in Kauf genommen. Beim politisch hochbedeutenden Gipfeltreffen ihres Mannes mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping in Kalifornien blieb sie im vergangenen Jahr zu Hause im Weißen Haus. Xis Ehefrau musste deswegen ohne Gesellschaft auskommen, aber Michelle Obama ließ wissen, dass sie während der letzten Schulwoche ihrer Töchter vor den Sommerferien unabkömmlich sei.

Verlieren ist keine Option

Zur Feier ihres 50. Geburtstags soll es im Weißen Haus eine private Tanzparty geben, keine Sause am Büffet. Sie hat ihre Gäste gebeten, vorher zu Hause zu essen. Sogar noch bei einem runden Geburtstag treibt sie ihre Freunde an, sich zu bewegen.

Ihr erstes Geschenk hat sie schon bekommen: Am Ende der Weihnachtsferien auf Hawaii flog Barack Obama in der Air Force One nur mit den Kindern nach Washington zurück, Michelle durfte noch eine Woche bleiben - allein mit Freundinnen, unter ihnen Fernsehstar Oprah Winfrey.

Es kann ein Luxus sein, wenn man mal entbehrlich ist, als First Lady wie auch als Mutter. Vielleicht ist dies ein Luxus, den man mit 50 erst zu entdecken beginnt.

Gerade für Michelle Obama ist dieses Loslassen bemerkenswert, aber es bedeutet nicht, dass ihr notorischer Ehrgeiz erloschen ist. Am Ende ihres Wettkampfs mit Fallon sagte der unterlegene Moderator zur medaillenbehängten Michelle, es bedeute ja nichts, ob man gewinne oder verliere. Michelle Obama blickte ihn streng an, gar mit einer Spur Mitleid, und sagte, bevor sie sich umdrehte: "Doch, es bedeutet etwas."

© SZ vom 17.01.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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