Mexiko:König Midas im Knast

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Juan Manuel Álvarez, der mutmaßliche Finanzchef des Sinaloa-Kartells. (Foto: dpa)

Die mexikanische Polizei nimmt den Finanzchef des mächtigen Sinaloa-Kartells an seinem Urlaubsort fest. Es ist der zweite Fahndungserfolg in kurzer Zeit, im Januar war bereits Mafia-Boss "El Chapo" Guzmán ins Netz gegangen.

Von Boris Herrmann, Rio de Janeiro

Auch Drogenbosse brauchen mal Urlaub. Das Geschäft mit dem Kokain-Schmuggel (und alles, was dazu gehört) ist anstrengend und blutig. Nur allzu menschlich also, dass Juan Manuel Álvarez sich über die Osterfeiertage eine kleine Auszeit gönnte. Der mutmaßliche Finanzchef des Sinaloa-Kartells, des mächtigsten Verbrechersyndikates Mexikos, "entspannte sich mit seinen Sicherheitsleuten" im schönen Oaxaca im Süden des Landes, wie die mexikanische Polizei mitteilte. Dort wurde er am Sonntag praktisch im Liegestuhl festgenommen. Offenbar fiel kein einziger Schuss. Jetzt kann Álvarez vorerst in einem Gefängnis in der Hauptstadt weiter entspannen.

Der triumphale Unterton, der sich aus der Mitteilung der Polizei herausliest, ist kein Zufall. Für die mexikanischen Behörden ist das ein weiterer prestigeträchtiger Schlag gegen das Sinaloa-Kartell. Anfang Januar hatten Spezialeinheiten nach zweimaliger filmreifer Flucht den Kartell-Boss Joaquín Guzmán Loera, genannt "El Chapo", festgenommen. Auch der hatte die Ermittler durch eine menschliche Regung auf seine Spur gebracht: Eitelkeit. Guzmán flirtete öffentlich mit der Hollywood-Schauspielerin Kate del Castillo und gewährte deren Kollegen Sean Penn ein inzwischen weltbekanntes Interview. "El Chapo" sitzt nun in einer Hochsicherheitszelle, die diesmal offenbar ihren Namen verdient.

"Der Drogenhandel hängt nicht von einzelnen Menschen ab", sagt "El Chapo" Guzmán

Die Geschäfte liefen dennoch ununterbrochen weiter, auch dank Leuten wie Juan Manuel Álvarez. Mit seinen 34 Jahren gehörte der bislang zu den größten Nachwuchstalenten des Kartells, das wie ein global agierendes Firmennetzwerk organisiert ist. Álvarez soll in den vergangenen zehn Jahren rund 3,6 Milliarden Euro an Drogengeldern gewaschen haben - in Mexiko, Kolumbien, Panama und in den USA. Seinen Spitznamen "König Midas" hat er sich redlich verdient. Gleichwohl wäre es naiv zu glauben, das Sinaloa-Kartell sei damit nachhaltig geschwächt. "Der Drogenhandel hängt nicht von einzelnen Menschen ab", das sagt einer, der es wissen muss: "El Chapo" Guzmán. Es werden andere kommen, die das Geld waschen. Und es sind längst andere da, die den Laden kontrollieren. Als CEO gilt inzwischen Ismael "El Mayo" Zambada, 58. Er stammt aus demselben Dorf wie Guzmán in den unzugänglichen Bergen Sinaloas, aber er ist vorsichtiger. Er gibt keine Interviews und macht offenbar auch keinen Urlaub. Zambada, einer der meistgesuchten Verbrecher der Welt, wurde in all den Jahren noch nie verhaftet.

© SZ vom 29.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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