Missbrauch auf Campingplatz:Weiterer Beschuldigter im Fall Lügde

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Kinderspielzeug im Müll: Auf dem Campingplatz bei Lügde verschwinden die Spuren. (Foto: Guido Kirchner/dpa)
  • Im Missbrauchsfall von Lügde ermitteln die Behörden gegen eine weitere, bislang unbekannte Person.
  • Ein geistig behinderter junger Mann soll in den Fall involviert sein. Damit wird gegen acht Beschuldigte ermittelt.
  • Nach bisherigen Erkenntnissen wurden auf einem Campingplatz im nordrhein-westfälischen Lügde 41 Mädchen und Jungen zum Opfer teils schweren sexuellen Missbrauchs.

Im Missbrauchfall von Lügde gibt es einen achten Beschuldigten, wie Polizei und Staatsanwaltschaft am Mittwoch mitgeteilt haben. Seit Mitte April wird demnach wegen schweren Kindesmissbrauchs und Besitzes von Kinderpornografie auch gegen einen 21-Jährigen mit geistigen Einschränkungen ermittelt. Damit haben die Behörden in dem Fall mittlerweile acht Beschuldigte identifiziert.

Der junge Mann soll zum Tatzeitpunkt noch Heranwachsender gewesen sein. Er lebt in einer Behinderteneinrichtung. Bei einer Durchsuchung seines Zimmers wurde laut dem Bericht ein Mobiltelefon beschlagnahmt, dessen Auswertung andauert. Es besteht außerdem der Verdacht, dass er selbst Opfer sexuellen Missbrauchs geworden ist. Die Hinweise auf den 21-Jährigen kamen offenbar von einem der Hauptbeschuldigten, Andreas V., wie aus einem vertraulichen Bericht der Staatsanwaltschaft an den Rechtsausschuss des Landtags hervorgeht.

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Darüber hinaus hatte die Polizei gegen die Mutter eines Geschwisterpaares, das zu den Betroffenen im Fall Lügde gehört, ermittelt. Der Vorwurf lautete auf Beihilfe zum sexuellen Missbrauch. Dieses Verfahren sei inzwischen jedoch eingestellt.

Aus dem vertraulichen Bericht der Staatsanwaltschaft geht auch hervor, dass die Ermittler große Teile des beschlagnahmten Bildmaterials bereits sichten konnten. Die Auswertung der Dateien sei inzwischen zu 80 Prozent abgeschlossen. Es seien fünf Millionen Foto- und 218 000 Videodateien ausgewertet worden. 31 000 Bilder und 11 000 Videos enthielten Kinder- und Jugendpornografie, davon allein 26 500 Bilder und 10 300 Videos, die dem inhaftierten Beschuldigten Heiko V. gehört haben sollen. Offenbar handelt es sich bei einem Großteil dieser Dateien um Aufnahmen aus dem Netz. Wie viel davon auf dem Campingplatz in Lügde entstanden ist, ist unklar. Zunächst hatten Lippische Landes-Zeitung und Neue Westfälische über das vertrauliche Papier berichtet.

Insgesamt 41 Opfer

Nach den bisherigen Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft Detmold wurden auf einem Campingplatz im nordrhein-westfälischen Lügde an der Landesgrenze zu Niedersachsen 41 Mädchen und Jungen zum Opfer schweren sexuellen Missbrauchs. Der 56-jährige Dauercamper Andreas V. soll mit seinem Komplizen Mario S., 34, über Jahre hinweg Kinder missbraucht und dabei gefilmt haben. Die beiden Männer sowie der 48 Jahre alte Heiko V. aus dem niedersächsischen Stade sitzen derzeit in Untersuchungshaft.

Bei der Aufdeckung des massenhaften Kindesmissbrauchs war es zu zahlreichen Fehlern und Versäumnissen der Polizei gekommen. Die SPD-Opposition hatte Innenminister Herbert Reul (CDU) daraufhin zum Rücktritt aufgefordert. Das lehnt der CDU-Politiker bisher kategorisch ab. "Da kann ich nicht mit dienen im Moment", sagte Reul am Samstag bei einem Landesparteitag der NRW-CDU in Düsseldorf.

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