Kriminelles Paar:Angelockt, betäubt, vergewaltigt

Lesezeit: 3 min

Robicheaux und Riley nach ihrer Verhaftung. (Foto: AFP)
  • Ein Paar aus Newport Beach in Kalifornien soll über einen Zeitraum von mehreren Jahren Hunderte Frauen sexuell missbraucht haben.
  • Dabei handelten sie den Ermittlern zufolge immer nach dem gleichen Prinzip: Sie setzten ihre Opfer unter Alkohol und Drogen, so dass sie sich nicht wehren konnten.
  • Die Polizei hat zahlreiche Videoaufzeichnungen von Übergriffen sichergestellt.

Von Jürgen Schmieder, Newport Beach

Diese Geschichte aus Südkalifornien klingt derart gruselig, als wäre sie ein besonders garstiger Handlungsstrang einer Seifenoper, und sie trug sich auch dort zu, wo solche Serien gewöhnlich spielen, "O. C., California" zum Beispiel oder " Laguna Beach : The Real Orange County", in Newport Beach, einem Strandstädtchen zwischen Los Angeles und San Diego. Da wohnen all jene Reichen und Schönen, die es sich leisten können, nicht mehr jeden Tag nach Hollywood oder ins Stadtzentrum von L. A. fahren zu müssen: der ehemalige Basketballspieler Kobe Bryant etwa, der Schriftsteller Dean Koontz oder Metallica-Schlagzeuger Lars Ulrich.

Es ist eine Stadt, die zu schön ist, um wahr zu sein, und in dieser Stadt gibt es einen erfolgreichen Chirurgen, der so attraktiv und charmant ist, dass er nebenbei in der Reality-TV-Serie " Online Dating Rituals of the American Male" mitgespielt hat. Er heißt Grant Robicheaux und frequentierte mit seiner nicht minder attraktiven Freundin Cerissa Riley viele Jahre lang die angesagtesten Bars der Stadt oder besuchte hippe, bisweilen auch sündteure Festivals wie Splash House im kalifornischen Palm Springs oder Burning Man in der Wüste von Nevada.

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:Paar unter Verdacht der vielfachen Vergewaltigung

Ein Dutzend mutmaßliche Opfer des Orthopäden und der Lehrerin haben sich bei den Behörden bereits gemeldet. Es könnten noch viel mehr werden.

Robicheaux ist Arzt, das schaffte Vertrauen bei den Opfern, sagt die Polizei

Die beiden sind bekannt in Newport Beach, sie sind auch beliebt gewesen, nun aber sind sie berüchtigt: Sie sollen Hunderte Frauen mit Alkohol und Drogen gefüttert und dann sexuell missbraucht haben - und es ist durchaus möglich, dass sich viele Opfer nicht einmal mehr daran erinnern, was ihnen passiert ist. Man habe auf den Mobiltelefonen der Verdächtigen "Tausende Videos gefunden, auf denen Frauen benebelt wirken und unfähig, irgendwelchen Handlungen zuzustimmen oder sich dagegen zu wehren", sagt Bezirksstaatsanwalt Tony Rackauckas.

Robicheaux, 38, und seine acht Jahre jüngere Freundin haben offenbar jahrelang die immer gleiche Strategie angewendet. Sie haben in Bars oder auf Festivals scheinbar zufällig Leute getroffen, meist Frauen, und mit ihnen geflirtet. Zum Teil, so die Ermittler, seien es auch Bekanntschaften auf Online-Dating-Portalen wie Tinder oder Bumble gewesen. Die mutmaßlichen Opfer hätten dem Paar kein Verbrechen zugetraut und seien freiwillig in Robicheaux' Wohnung mitgegangen. "Die Menschen vertrauen Ärzten, die haben schließlich einen Eid geschworen, niemandem wehzutun", sagt Rackauckas. Der Schlüssel sei aber gewesen, "dass es sich bei der zweiten Verdächtigen um eine Frau handelt - nach allem, was wir bislang über den Fall wissen, sorgte genau das für zusätzliches Vertrauen", sagt der Staatsanwalt.

Die Polizei von Newport Beach durchsuchte das Apartment von Robicheaux, es fand dort mehrere Feuerwaffen, Unmengen an Drogen und die Handys mit den Videos darauf. Was genau in diesen Videos zu sehen ist, will die Polizei von Newport Beach aufgrund der laufenden Ermittlungen und der Suche nach weiteren Opfern nicht im Detail bekannt geben. Robicheaux und Riley wird unter anderem unerlaubter Waffenbesitz und Vergewaltigung unter Zuhilfenahme von Drogen vorgeworfen. Sie wurden gegen Kaution von jeweils 100 000 Dollar freigelassen, die Anklage soll Ende Oktober erhoben werden.

"Alle Anschuldigungen, es sei zu nicht einvernehmlichem Sex gekommen, werden von meinen Mandanten eindeutig zurückgewiesen", heißt es in einem Statement der Anwälte von Robicheaux und Riley. Nun wird es interessant: Denn von den Hunderten Frauen, die offenbar auf den Videos zu sehen sind, haben sich zunächst lediglich zwei bei der Polizei gemeldet, so hat der Fall überhaupt erst begonnen. Eine habe das Paar im April 2016 in einem Restaurant in Newport Beach kennengelernt, zu einer Party eingeladen und schließlich nach Hause geführt. Die andere sei einige Monate später in einer Bar von den beiden derart abgefüllt worden, dass sie dort ohnmächtig geworden sei.

Die Opfer sollten offenbar in eine Täterrolle gedrängt werden

Die Ermittler vermuten, dass weitere mögliche Opfer aufgrund des ihnen verabreichten Cocktails aus Alkohol und Drogen entweder keine Erinnerung mehr haben, was passiert ist - oder dass sie aus Scham oder Furcht vor Konsequenzen wegen des Drogenkonsums nicht zur Polizei gegangen sind. Genau das sei offenbar die Masche des Paares gewesen, um sich gegen Klagen abzusichern: Sie könnten den Opfern eingeredet haben, dass sie eben zu viel getrunken, aus freien Stücken Drogen genommen und bewusst mit Robicheaux und Riley geschlafen hätten. Die Opfer seien so in eine Täterrolle gedrängt worden.

Mittlerweile hätten sich auf den Aufruf der Polizei zwölf weitere Frauen und auch ein Mann gemeldet. "Man darf nicht vergessen, dass wir aufgrund der Beweismittel auch Verbrechen untersuchen, die zwei Jahrzehnte zurückliegen", sagt der Staatsanwalt. Damals sei Robicheaux Student an der Louisiana State University gewesen. "Wir haben die Ermittlungen auf andere Bundesstaaten ausgeweitet und hoffen auf die Mithilfe der Frauen, die auf den Videos zu sehen sind und bislang nicht identifiziert werden konnten", so Rackauckas.

Newport Beach ist offenbar nicht nur Strandstadt und Schauplatz für kitschige Serien, sondern auch für gruselige Realitäten. In der Reality-Show-Folge aus dem Jahr 2014 übrigens, in der Robicheaux zu sehen ist, sucht er im Internet eine Frau fürs Leben oder auch nur für eine Nacht. Ein Date ist ziemlich schnell vorbei, als er erfährt, dass die junge Frau nicht so gerne Alkohol trinkt, weil sie einen klaren Kopf behalten möchte.

© SZ vom 27.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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