Kriminalität:Todesstrafe oder Psychiatrie: Plädoyers im Kino-Amok-Prozess

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Der mutmaßliche Todesschütze James Holmes bei einem Gerichtstermin im März 2013. Im Falle eines Schuldspruchs droht ihm die Todesstrafe. (Foto: RJ Sangosti/Archiv)

Centennial (dpa) - Kurz vor Abschluss des Mordprozesses gegen den Amokläufer von Aurora hat der Ankläger davor gewarnt, den Schützen als schuldunfähig einzustufen.

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Centennial (dpa) - Kurz vor Abschluss des Mordprozesses gegen den Amokläufer von Aurora hat der Ankläger davor gewarnt, den Schützen als schuldunfähig einzustufen.

„Er wusste, dass seine Opfer überleben wollten“, sagte Staatsanwalt George Brauchler am Dienstag in Centennial im US-Bundesstaat Colorado über James Holmes. Er habe den Kinosaal als Falle für seine Opfer bewusst ausgesucht und mit seinen Waffen gezielt auf fliehende Menschen gefeuert.

Rund drei Jahre nach der Tat wirft die Anklage dem 27-Jährigen vor, im Juli 2012 bei der Premiere eines „Batman“-Films in dem Kino in Aurora bei Denver zwölf Menschen getötet zu haben. 70 wurden verletzt, zum Teil schwer.

Wird Holmes schuldig gesprochen, droht ihm die Todesstrafe. Er saß in einem hellen Hemd und mit Brille im Saal des Bezirksgerichts. In einer mehrstündigen Vormittagssitzung vor Beginn der Plädoyers wirkte er eher unbeteiligt.

In dem Prozess geht es im Kern darum, ob der junge Mann zur Tatzeit so schwer geistig gestört war, dass er nicht zwischen richtig und falsch unterscheiden konnte. Viele Kinobesucher dachten am Tattag zunächst, der Mann mit dem auffällig rot gefärbtem Haar, Armeeweste und Stahlhelm sei ein etwas durchgedrehter Fan. Als die Polizei ihn hinter dem Kino später festnahm, warnte er, dass seine Wohnung mit Sprengsätzen vermint sei.

Die Staatsanwaltschaft hatte eine Unzurechnungsfähigkeit schon im Verfahren verneint und mit Zeugenaussagen von Psychiatern untermauert. Die Verteidigung ihrerseits argumentierte bisher, dass Holmes das Unrecht seines Verbrechens zur Tatzeit nicht habe erkennen können. Sie bot ebenfalls Psychiater auf, die in diesem Sinne aussagten. Setzen sich seine Anwälte durch, dürfte der Angeklagte in eine Psychiatrie eingewiesen werden.

Die Schlussplädoyers sollten insgesamt mehrere Stunden dauern. Nach der Staatsanwaltschaft sollten die Verteidiger ihre Forderungen vortragen.

Die Geschworenen wollen am Mittwoch mit ihren Beratungen beginnen. Vorab hatten Beobachter die Erwartung geäußert, dass es einen Schuldspruch geben dürfte. Die Tat des Studenten hatte international Entsetzen ausgelöst.

Der Prozess gegen Holmes hatte Ende April 2015 begonnen. Bisher gab es rund 50 Verhandlungstage. Holmes hat die Taten gestanden, aber in allen besonders schweren Anklagepunkten wegen Mordes, versuchten Mordes und den Vorwürfen wegen Waffen- und Sprengstoffgebrauchs auf „nicht schuldig“ plädiert, denn er sei nicht zurechnungsfähig gewesen. Insgesamt gab es mehr als 160 Anklagepunkte.

Auch wenn die Todesstrafe in Colorado nach wie vor existiert, wird sie praktisch nicht mehr angewendet. Vollstreckt würde sie in dem Bundesstaat mit einer Giftspritze.

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