Kriminalität:Kein Mord-Schuldspruch für Todesschützen eines schwarzen Jungen

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Jacksonville (dpa) - Aus Ärger über laute Musik erschoss der Weiße Michael Dunn einen schwarzen Teenager - einer Verurteilung wegen Mordes entgeht er jedoch. Der überraschende Ausgang des Prozesses wegen der Todesschüsse auf den 17-jährigen Jordan Davis sorgt in den USA für Diskussionen.

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Jacksonville (dpa) - Aus Ärger über laute Musik erschoss der Weiße Michael Dunn einen schwarzen Teenager - einer Verurteilung wegen Mordes entgeht er jedoch. Der überraschende Ausgang des Prozesses wegen der Todesschüsse auf den 17-jährigen Jordan Davis sorgt in den USA für Diskussionen.

Auch nach fast 30-stündiger Beratung konnten sich die Geschworenen in Florida nicht auf einen Schuldspruch wegen Mordes gegen Dunn einigen. Der Angeklagte hatte sich immer wieder auf Notwehr berufen.

Allerdings verurteilte das Gericht den 47-Jährigen in Jacksonville wegen dreifachen versuchten Mordes, wie der Vorsitzende Russell Healey bekanntgab. Das Strafmaß, das erst später verkündet werden soll, könnte nach Angaben von US-Medien bei mehr als 75 Jahren Haft liegen. „Dunn bleibt sein Leben lang hinter Gittern“, sagte ein Prozessbeobachter.

Dunn hatte im November 2012 neben einem Auto geparkt, in dem der schwarze Jugendliche Jordan Davis mit drei Freunden saß. Nach einem Streit über die Lautstärke feuerte Dunn mehrere Schüsse auf den Wagen ab und tötete den 17-jährigen Davis. Dann fuhr er mit seiner Freundin davon; am Tag nach der Tat wurde er festgenommen.

Kommentatoren im US-Fernsehen äußersten sich in ersten Reaktionen irritiert darüber, dass es kein Urteil in der Mordanklage gab. Der Fall hatte landesweit Aufsehen erregt, weil auch von möglichen rassistischen Beweggründen die Rede war.

Der Prozess war in den gesamten USA mit Interesse verfolgt worden. Die großen TV-Sender übertrugen das Verfahren teilweise live. Immer wieder wurde unter Beobachtern die Frage gestellt, ob das Urteil anders ausgefallen wäre, wenn es sich um ein Opfer weißer Hautfarbe gehandelt hätte.

Der Prozess weckt auch Erinnerungen an George Zimmerman, der - ebenfalls in Florida - den schwarzen Jugendlichen Trayvon Martin erschossen hatte, sich auf Notwehr berief und später freigesprochen wurde - was Proteste im ganzen Land auslöste.

Im aktuellen Fall hatte Dunn ausgesagt, Davis habe ihn verbal bedroht und eine Waffe in der Hand gehalten. In dem Prozess konnte aber nicht nachgewiesen werden, dass der Teenager überhaupt eine Waffe bei sich hatte.

Zu Dunns Verurteilung wegen dreifachen versuchten Mordes mit bedingtem Vorsatz (second degree murder) kommt noch eine weitere Verurteilung wegen der Feuerns auf ein mit Menschen besetztes Auto hinzu, wie der Richter sagte. Die Staatsanwaltschaft kündigte an, zu einem späteren Zeitpunkt erneut einen Prozess wegen des Vorwurfs des vorsätzlichen Mordes (first degree murder) anzustrengen. Sie wolle „Gerechtigkeit für Jordan“, sagte Staatsanwältin Angela Corey.

Auch die Mutter des Toten trat unmittelbar nach dem Urteil vor die Kameras und forderte Gerechtigkeit.

In dem Prozess ging es auch um die sehr weitgefassten Notwehrgesetze in Florida (Stand your ground - Steh Deinen Mann), die den Griff zur Waffe bei einer Bedrohung praktisch nahelegen. Kritiker behaupten, diese Regelung habe zu einer Zunahme von Tötungsdelikten in Florida geführt.

Die entscheidende Frage in dem Verfahren war, ob Dunn tatsächlich aus Notwehr handelte. Er behauptete, er habe seine eigene Waffe erst aus dem Handschuhfach genommen, nachdem die jungen Leute ihn bedroht hätten.

Dagegen sagte Dunns Freundin aus, ihr Begleiter habe mit keinem Wort erwähnt, dass er davon ausgehe, dass Davis bewaffnet sei. Zudem habe die Musik bereits aus dem Auto gedröhnt, als sie mit ihrem Freund auf den Parkplatz gefahren sei. Dunn habe gesagt:Ich hasse diese Gangstermusik. Der Angeklagte bestritt dies jedoch.

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