Kooperation zwischen Red Bull und Polizeigewerkschaft:Mit Schlagstock und Limodose

Lesezeit: 3 min

Hamburger Polizisten werden bei Einsätzen mit österreichischer Gratis-Brause versorgt und loben das Angebot öffentlich. Das halten viele für Werbung. Der Landesvorsitzende der Polizeigewerkschaft nicht, er ist auf der Suche nach weiteren Sponsoren.

Von Felicitas Kock und Jana Stegemann

Kürzlich sind in Hamburg die "Besetzer-Tage" zu Ende gegangen, eine Art Protestkongress mit Besuchern aus ganz Europa. Standesgemäß wurde die Veranstaltung von Krawallen begleitet, 13 Polizisten wurden dabei verletzt. Dieses Detail freilich wird in einem Bericht auf der Homepage der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) Hamburg erst im fünften Absatz erwähnt - die ersten vier braucht die Gewerkschaft, um ihren "Kooperationspartner" zu preisen, den österreichischen Brausehersteller Red Bull.

Die Kolleginnen und Kollegen seien in "bewährter Form" mit Kaltgetränken versorgt worden, heißt es dort. Auch eine neue Geschmacksrichtung hätten die Einsatzkräfte "positiv und dankbar" angenommen. Ein Foto zeigt zwei männliche Beamte und eine Polizistin - alle drei lächeln und halten blau-silber glänzende Dosen in der Hand. Darunter heißt es: "Bevor die Einsatzlage sich bekanntermaßen verschärfte und es 'zur Sache ging' konnten alle eingesetzten Kräfte komplett erreicht und versorgt werden."

"Wohl ein schlechter Scherz"

Befremdlich? "Keineswegs", findet Joachim Lenders, Landesvorsitzender und stellvertretender Bundesvorstand der DPolG. Die Gewerkschaft beteilige sich seit seit zehn Jahren an der Versorgung der Polizisten bei Großeinsätzen. Im Laufe der Jahre habe man Kooperationen mit diversen Unternehmen aufgebaut: "Es gibt viele Firmen, die mit ihrem Sponsoring ihre Freundlichkeit gegenüber der Polizei ausdrücken wollen". Der Vorstand überprüfe die Angebote und genehmige alles mögliche: vergünstigte Musicaltickets, Freikarten für Handballspiele - oder eben die Kooperation mit Red Bull.

Rein rechtlich ist daran nichts auszusetzen. Die Gewerkschaft der Polizei ist ein eingetragener Verein. Sie darf, wie andere Gewerkschaften auch, Spenden annehmen und an ihre Mitglieder weitergeben. Doch dass die Beamten auch während eines Einsatzes vom Kooperationspartner versorgt werden und im Gegenzug die Auswahl an Energy-Drinks preisen hinterlässt bei manchen einen faden Beigeschmack. Die Reaktionen im Netz sind gemischt. "Red Bull verteilt Prügel" heißt es da - und dass eine Kooperation zwischen dem Limonandenhersteller und der Polizei "wohl ein schlechter Scherz sei".

"Finde ich nicht", sagt Landesvorsitzender Lenders. Man bekomme umsonst etwas von der Firma - dann könne man das auch mal nett aufschreiben.

McDonalds-Gutscheine rufen Staatsanwaltschaft auf den Plan

Andere würden das als Werbung bezeichnen, Jörg Radek etwa. Der stellvertretende Bundesvorsitzende der anderen großen Polizeigewerkschaft GdP würde jedem Mitglied davon abraten, während eines Einsatzes mit einer Getränkedose zu posieren - von einem werblichen Bericht auf der Gewerkschaftsseite ganz zu schweigen. Red Bull habe in Deutschland ein Imageproblem, sagt Radek, "das Unternehmen nutzt den guten Ruf unserer Beamten." Wer das Bild sehe, denke sich womöglich "wenn sogar die Polizei das trinkt, kann es nicht schlecht sein."

Die GdP ist seit einem Fall im Jahr 2006 vorsichtig geworden. Bei der WM im eigenen Land verteilte McDonalds Coupons an Mitglieder, die sich damit umsonst Kaffee holen konnten. Einen Becher pro Tag für jeweils 99 Cent. Die Auffassung der Gewerkschaft sei damals gewesen, dass es sich um eine geringfügige Leistung handle und damit in Ordnung sei, sagt Radek. Aber nach einer anonymen Strafanzeige ermittelte die Staatsanwaltschaft wegen Vorteilsnahme gegen die Fastfoodkette - und das Finanzministerium prüfte, ob der Deal den Korruptionsrichtlinien der Bundesregierung entsprach. "Es geht um die Frage, inwieweit derjenige, der etwas schenkt, daraus einen Nutzen ziehen könnte". Das Ergebnis der Prüfung sei negativ aufgefallen, sagt Radek: Die Zusammenarbeit war nicht in Ordnung.

Jetzt stimme der Bundesverband nur noch einzelnen Sponsorenlieferungen zu. Längerfristige Kooperationen mit Firmen zur Versorgung der Mitglieder bei Großlagen gebe es nicht. "Das ist einfach eine haarige Geschichte und die Polizei erscheint da schnell im falschen Licht". Radek kann nur für den Bundesverband sprechen und Empfehlungen geben - die Landesgewerkschaften von GdP und DPolG sind autark.

Brause mit nicht unumstrittenen Zusatzstoffen

Auch Peter Schmidt, langjähriger Rektor der Hessischen Hochschule für Polizei und Verwaltung, sieht das Verhalten der DPolG kritisch. Er stelle sich in solchen Situationen immer die Frage nach der Außenwirkung der Polizei. In der Ausbildung werde daher versucht, die angehenden Polizisten zu sensibilisieren. "Die Studierenden müssen erkennen, welche Bedeutung der Beamtenstatus für das Vertrauen des Bürgers in den Staat hat und dadurch Korruption, Vorteilsnahme und Bestechlichkeit in diesem Bereich besonders verwerflich erscheinen lässt", heißt es in einer Belehrung, die regelmäßig zentrales Thema in der Ausbildung ist.

Für Gerhard Kirsch, den Präsidenten der GdP Hamburg käme eine Kooperation mit Red Bull schon aus gesundheitlichen Gründen nicht infrage, der Energydrink enthalte schließlich "Zusatzstoffe, die nicht unumstritten sind und eine stark aufputschende Wirkung haben".

Ein Argument, das für DPolG-Vorstand Lenders wenig zählt. "Sie trinken sicher auch ungesunde Dinge, weil sie eben schmecken", scherzt er am Telefon. Wie oft er Brauselieferungen bekomme, könne er nicht genau sagen. Wenn ein Großeinsatz anstehe, frage man eben an. Aber die Gewerkschaft kaufe auch selbst Sachen zu - Wasser, Cola, Kaffee. "Da haben wir nämlich keinen Kooperationspartner", sagt Lenders. "Also wenn das hier jemand liest: wir suchen noch einen Kaffeesponsor".

© SZ.de/feko/jana - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: