Übergriffe in der Kölner Silvesternacht 2015:Mehr als 600 angezeigte Sexualdelikte - und nur zwei Urteile

Mehr als 600 Frauen zeigten nach der Silvesternacht 2015 Sexualdelikte an. (Foto: dpa)

Nach den massenhaften Übergriffen in der Kölner Silvesternacht 2015 war es kaum möglich, einzelnen Tätern konkrete Handlungen zuzuordnen. Nur zwei Jugendstrafen wurden verhängt.

Das Ergebnis der strafrechtlichen Aufarbeitung der Kölner Silvesternacht 2015 "fällt ernüchternd aus". Das sagte Wolfgang Schorn, Sprecher des Kölner Amtsgerichts, nachdem der Spiegel nach dem aktuellen Stand der Verfahren gefragt hatte. "Die tumultartige Situation der Silvesternacht hat zu einer schwierigen Beweislage geführt", sagte Schorn. So sei es kaum möglich gewesen, einzelnen Tätern konkrete Handlungen zuzuordnen.

Zwar zeigten mehr als 600 Frauen Sexualdelikte an, doch nur zwei Personen wurden wegen sexueller Nötigung auch verurteilt. Sie erhielten jeweils ein Jahr Jugendstrafe zur Bewährung.

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An den Taten in mehreren deutschen Städten sollen mehr als 2000 Männer beteiligt gewesen sein, heißt es aus Polizeikreisen. Bislang wurden erst 120 von ihnen gefunden - und das könnte auch so bleiben.

Von Georg Mascolo und Britta von der Heide

Nach den massenhaften Übergriffen auf Frauen und Diebstählen im Umfeld des Kölner Hauptbahnhofs hatte die Staatsanwaltschaft dem Spiegel zufolge gegen 290 Verdächtige ermittelt. Angeklagt wurden nur 52 von ihnen, teilt das Amtsgericht nun mit. Dabei handelte es sich vor allem um Algerier, Marokkaner und Iraker. Von den 43 Verfahren wurden sechs bis auf Weiteres eingestellt, weil sich der Aufenthaltsort der mutmaßlichen Täter nicht feststellen ließ. 37 Verfahren gingen zu Ende - fünf wurden teilweise gegen Auflagen eingestellt, 32 endeten mit Verurteilungen.

Meist ging es dabei um Raub, Diebstahl und Hehlerei. Die höchste Strafe bekam ein 30-jähriger Algerier, der wegen räuberischen Diebstahls zu einem Jahr und elf Monaten Gefängnis verurteilt wurde.

"Das ist keine offizielle Abschlussbilanz", sagt Schorn auf Anfrage der SZ. Nich immer seien sechs Verfahren offen, wegen des nicht feststellbaren Aufenthaltsortes der Gesuchten. "Ich rechne auch nicht damit, dass da noch etwas passiert", sagt Schorn.

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