Klinikum Göttingen:Zweite Anklage im Transplantationsskandal wahrscheinlich

Im Göttinger Organspendeskandal richteten sich die Vorwürfe bislang vor allem gegen den früheren Chef der Transplantationschirurgie. Vor Gericht belasten Zeugen jedoch einen weiteren Mediziner. Sobald die Ermittlungen abgeschlossen sind, könnte auch gegen ihn Anklage erhoben werden.

Im Betrugsskandal um die Vergabe von Spenderorganen wird der Ex-Chef der Transplantationschirurgie in Göttingen wohl nicht der einzige Angeklagte bleiben. Nach dem bisherigen Verlauf des Prozesses gegen den 46-Jährigen sei auch mit einer Anklage gegen einen zweiten Medizinprofessor zu rechnen, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Braunschweig.

Der suspendierte Leiter der Gastroenterologie am Göttinger Uniklinikum war während des Verfahrens von mehreren Zeugen belastet worden. Der 61-Jährige soll sie zur Manipulation medizinischer Daten veranlasst haben, um an Spenderlebern zu gelangen. Anklage gegen den Mediziner werde voraussichtlich erst nach Abschluss des laufenden Prozesses erhoben, sagte die Sprecherin. Die Ermittlungen dauern noch an.

Anders als für den Chirurgen, der aktuell vor Gericht steht, habe die Behörde für den 61-Jährigen keine Untersuchungshaft beantragt, weil keine Fluchtgefahr bestehe. Der Chirurg, der seit Januar inhaftiert ist, muss sich seit August wegen versuchten Totschlags in elf und Körperverletzung mit Todesfolge in drei Fällen verantworten.

Chirurg beteuert Unschuld

Er soll durch falsche medizinische Daten eine bevorzugte Zuteilung von Spenderlebern für seine Patienten erreicht und dadurch den Tod anderer Kranker in Kauf genommen haben. Zudem soll er drei Patienten Spenderlebern eingesetzt haben, ohne dass dies zwingend notwendig gewesen sei. Alle drei starben.

Die Staatsanwälte sehen die Anklage durch den Prozessverlauf bestätigt. Die Verteidigung hält die Vorwürfe für abwegig. Der Chirurg selbst weist die Anschuldigungen zurück. Er bestreitet unter anderem, dass es am Göttinger Klinikum überhaupt einen Mangel an Spenderorganen gegeben habe.

© Süddeutsche.de/dpa/feko - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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