Justiz:Verfassungsgericht: Polizeigesetz muss überarbeitet werden

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Die Justitia ist an einer Scheibe am Eingang zum Oberlandesgericht zu sehen. (Foto: Rolf Vennenbernd/dpa/Symbolbild)

Abhören von Telefonen, automatisierte Erfassung von Autokennzeichen und Videoüberwachung im grenznahen Raum: Vor vier Jahren wurde die sächsische Polizei mit mehr Rechten ausgestattet. Das sei in Teilen zu weit gegangen, sagt nun der Verfassungsgerichtshof.

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Leipzig (dpa/sn) - Das sächsische Polizeivollzugsdienstgesetz muss in Teilen überarbeitet werden. Das hat am Donnerstag der Verfassungsgerichtshof in Leipzig entschieden. Einige Aspekte des vor mehr als vier Jahren in Kraft getretenen Gesetzes seien nicht mit der sächsischen Verfassung vereinbar, begründete der Präsident des Gerichtshofes, Matthias Grünberg, die Entscheidung. Konkret geht es unter anderem um die Ausgestaltung gewisser Maßnahmen der Überwachung sowie der Datenerhebung und -weitergabe. Für nichtig erklärte das Gericht die Regelungen aber ausdrücklich nicht.

Der Landtag hat nun bis zum 30. Juni 2026 Zeit, die beanstandeten Aspekte nachzubessern. Bis dahin gelten die jetzigen Regelungen unter bestimmten Maßgaben fort. So dürfen diese nur dann angewandt werden, wenn eine konkretisierte Gefahr vorliegt. Die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes ist verbindlich, eine Möglichkeit der Beschwerde besteht nicht.

Das seit Januar 2020 geltende Gesetz sieht mehr Rechte für die Polizei vor - etwa beim Abhören von Telefonen, bei der automatisierten Erfassung von Autokennzeichen sowie bei der Videoüberwachung im grenznahen Raum. Dabei kann in begrenztem Maße ein Datenabgleich via Gesichtserkennung vorgenommen werden. Die Regierung wollte damit auf neue Herausforderungen wie Terrorismus, grenzüberschreitende Kriminalität und Internetkriminalität reagieren.

„Wir sehen uns im Grundtenor des Gesetzes weitestgehend bestätigt. Keine der beklagten Normen wurde für nichtig erklärt“, betonte Sachsens Innenminister Armin Schuster. Der CDU-Politiker kündigte an, das Polizeigesetz an den geforderten Stellen nachzuschärfen. „Die lange Frist gibt uns eine gute Möglichkeit, die Intention des Gerichts umzusetzen“, so Schuster.

In dem sogenannten Normenkontrollverfahren hatte sich der Verfassungsgerichtshof mit der Zulässigkeit von polizeilichen Überwachungs- und Kontrollmaßnahmen, der Nutzung von personenbezogenen Daten und dem Einsatz besonderer Waffen durch die Polizei vor befürchteten Straftaten befasst. 35 Landtagsabgeordnete von Linken und Grünen hatten das Verfahren beantragt.

„Ich werte die Entscheidung des Gerichts als Sieg für die Bürgerrechte der Menschen in Sachsen“, sagte Rico Gebhardt, Fraktionsvorsitzender der Linken im Landtag, nach der Entscheidung. Das Urteil zeige dem Gesetzgeber klare Grenzen auf: „Die Polizei braucht zeitgemäße, aber stets verhältnismäßige Instrumente.“ Die Entscheidung werde umfassend ausgewertet, sagte der Landtagsabgeordnete der Grünen, Valentin Lippmann. „Ich gehe von einem erheblichen Änderungsbedarf aus.“

Der Verfassungsgerichtshof beanstandete nicht den Einsatz besonderer Waffen wie Maschinengewehre und Handgranaten für Spezialeinheiten der sächsischen Polizei. Dies sei in besonderen Lagen und zum Schutz der Polizei, der Bevölkerung und von Gebäuden notwendig, erläuterte Verfassungshüter Grünberg. „Zum Glück ist dies bisher aber noch nicht erforderlich gewesen.“

© dpa-infocom, dpa:240124-99-737357/7

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