Gerichtsprozess:Sicherungsverwahrung für den Täter vom "Horrorhaus von Höxter"

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Über Jahre haben Wilfried W. und seine Partnerin in diesem Haus mehrere Frauen schwer misshandelt, zwei von ihnen starben. Vor einem Jahr wurde es abgerissen. (Foto: Marcel Kusch/dpa)

Vor fünf Jahren wurde Wilfried W. verurteilt, weil er zwei Frauen quälte und sterben ließ. Weil er als vermindert schuldfähig galt, wurde er zunächst in die Psychiatrie eingewiesen - eine Fehleinschätzung, wie sich bald herausstellte.

Vor fünf Jahren wurde Wilfried W. verurteilt, weil er im sogenannten Horrorhaus von Höxter mehrere Frauen quälte, zwei von ihnen starben später an ihren Verletzungen. Nun ging es vor dem Landgericht Paderborn um die Frage, wie lange er in Haft bleiben muss. Am Donnerstag ist ein Urteil in dem Prozess gefallen: Wilfried W. muss nach seiner verbüßten Haftstrafe in Sicherungsverwahrung. Das hat das Landgericht Paderborn angeordnet. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Sicherungsverwahrung dient im Anschluss an eine verbüßte Haft dazu, die Allgemeinheit vor gefährlichen Tätern zu schützen.

Die Kammer schloss sich damit den Einschätzungen zweier psychiatrischer Sachverständiger an, die Wilfried W. für das seit Ende August laufende Verfahren begutachtet hatten. Sie hatten bei W. eine große Wiederholungsgefahr gesehen. Die Forensiker attestierten W. ein großes Manipulationsgeschick und kriminelle Intelligenz, Empathielosigkeit und Gefühlskälte.

Wilfried W. war 2018 zu elf Jahren Haft verurteilt worden, seine Mitangeklagte und zweite Ehefrau, von der er sich bereits einige Jahre zuvor scheiden ließ, bekam damals 13 Jahre. Von einer lebenslangen Freiheitsstrafe sah das Gericht ab - im Fall von Angelika W., weil sie mit ihrer Aussage geholfen hatte, die Taten aufzuklären. Im Fall ihres Ex-Manns wegen seiner geringen Intelligenz. Seine Verteidiger argumentierten damals: Wenn schon die überdurchschnittlich intelligente Angelika W. den schlechten Zustand der Frauen nicht erkannt habe, wie dann der nicht so kluge Wilfried W.? Auch eine Gutachterin hielt ihn für vermindert schuldfähig - und so musste er seine Strafe zunächst nicht antreten, sondern kam in eine Klinik für Forensische Psychiatrie in Münster. Dort kamen bei den Ärzten allerdings bald Zweifel auf, ob er tatsächlich Gut und Böse nicht unterscheiden könne.

Dass Wilfried W. nur vermindert schuldfähig sei, war offenbar eine Fehleinschätzung. 2020 wurde er in den regulären Strafvollzug verlegt. (Foto: Friso Gentsch/dpa)

2020 entschied die Strafvollstreckungskammer am Landgericht Münster dann, dass Wilfried W. aus dem Maßregelvollzug in ein normales Gefängnis zu verlegen sei. Das hätte allerdings auch bedeutet, dass er nach Verbüßung von zwei Drittel der Haftzeit auf Bewährung entlassen werden könnte. Die Staatsanwaltschaft hatte deshalb die nachträgliche Verhängung der Sicherungsverwahrung beantragt, die dazu dienen soll, die Allgemeinheit vor gefährlichen Tätern zu schützen. W.s Verteidigung wollte das verhindern.

In dem aktuellen Prozess in Paderborn hatten dann zwei psychiatrische Gutachter erklärt, es bestünde eine erhebliche Gefahr, dass Winfried W. in Freiheit erneut schwere Straftaten zulasten von Frauen begehen könnte. Er war bereits in den Neunzigerjahren wegen Körperverletzung zu zwei Jahren und neun Monaten Gefängnis verurteilt worden, weil er massiv gewalttätig gegen seine erste Ehefrau gewesen war.

In seinem Plädoyer hatte Oberstaatsanwalt Ralf Meyer am Donnerstag ebenfalls auf die übereinstimmende Einschätzung der Gutachter verwiesen, dass von W. mit hoher Wahrscheinlichkeit Taten zu erwarten seien, die seine Opfer körperlich oder seelisch schwer schädigen würden. Daher gebe es kein milderes Mittel als die Sicherungsverwahrung.

Die Verteidigung kündigte an, Rechtsmittel gegen das Urteil einzulegen. Der Bundesgerichtshof müsse entscheiden, ob der Prüfungsmaßstab des Gerichts ausreichend gewesen sei - oder ob nicht noch viel weitergehende Aspekte in die Beurteilung hätten einfließen müssen, sagte Anwalt Carsten Ernst nach dem Prozess.

Die Verteidigung hatte bis zuletzt versucht, die Sicherungsverwahrung abzuwenden. Sein Mandant habe während seiner Haft auch in schwierigen Situationen die Ruhe bewahrt, sagte Anwalt Carsten Ernst in seinem Schlusswort. Er gehe wie die Gutachterin im Ausgangsverfahren davon aus, dass W. nicht in der Lage sei, richtiges und falsches Verhalten voneinander zu unterscheiden: Ihm fehle jeder moralische Kompass. In einer betreuten Wohnform sei sein Mandant nach der Haft daher besser aufgehoben als hinter Gefängnisgittern.

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